Im Wettkampfsport herrscht eine eigene Zeitrechnung. So ticken auch im Radsport die Uhren anders. Die Jahresplanung orientiert sich nicht am kalendarischen Jahr. Entscheidend für das Planen des Jahres sind die Zeitpunkte der Wettkämpfe. Hier gilt es, auf den Punkt top fit zu sein. Bei den populärsten Disziplinen, z.B. dem Straßenradsport,  werden die Hautwettkämpfe zwischen Frühjahr und Herbst ausgetragen. Die Jahresplanung  beginnt damit in der Regel im November und endet im September des darauf folgenden Jahres. Das Training ist im Vorfeld – soweit möglich – für das ganze Jahr zu planen.

Die zeitlichen Adaptationsvorgänge an ein Ausdauer- und Krafttraining müssen berücksichtigt werden.

Aus biologischen Gründen ist dabei ein Wechsel von belastungssteigernden, belastungserhaltenden und belastungsreduzierenden Phasen notwendig. Ein Sportler kann sich nicht das ganze Jahr über in Bestform und damit an der Grenze seiner individuellen Belastbarkeit befinden. Es besteht die Gefahr eines Übertrainings. Das systematische Planen des Trainings ist damit eine wichtige Voraussetzung, damit der Sportler zum Saisonhöhepunkt sein Leistungsmaximum abrufen kann. In der Regel wird das Radsportjahr in drei Perioden unterteilt:

  • Vorbereitungsperiode,
  • Wettkampfperiode und
  • Übergangsperiode.

Jede Periode hat unterschiedliche Trainingsinhalte und Schwerpunkte – jeweils mit einer eigenen Zielsetzung. Mit einem systematischen Durchlaufen der verschiedenen Perioden soll der Athlet die sportliche Höchstform zum Zeitpunkt des Hauptwettkampfs erreichen. Bei einer längeren Wettkampfphase soll das maximale Leistungsniveau so gut wie möglich stabilisiert und gesichert werden; z.B. über die Dauer der Bundesligasaison.

Krafttraining im Radsport

Krafttraining im Radsport

Für Radsportler wird zunehmend der Stellenwert der Muskelkraft erkannt (vgl. Wagner, Mühlenhoff, Sandig, 2010). Deshalb spielt der Besuch des Kraftraumes im Trainingsprozess eine immer wichtigere Rolle. Untersuchungen belegen zunehmend die positiven Wirkungen für Radsportler:

  • Krafttraining kann die Ausdauerleistung unterstützen,
  • die Muskeleffizienz verbessern und
  • die Leistungen bei kurzzeitigen und rennentscheidenden Antritten steigern.Der Stellenwert des Krafttrainings ist für den einzelnen Radsportler durchaus unterschiedlich hoch. So können z.B. Mountainbike Cross Country- und Querfeldeinfahrer (Cyclocross) mehr von einer gut ausgebildeten Muskelkraft profitieren als Triathleten auf der Langdistanz (Stichwort: unterschiedliche Anforderungsprofile der Radsportdisziplinen). Auch das Leistungsniveau spielt eine Rolle. So können besonders ambitionierte Freizeitradsportler und Amateure von einem Krafttraining profitieren, da ihr Kraftniveau oftmals eine große Leitungsreserve darstellt und ihre Trainingsumfänge auf dem Rad deutlich geringer als bei Profis sind (Stichwort: Übertraining vermeiden!).

Krafttraining im Jahresverlauf

Die Ziele des Krafttrainings im Saisonverlauf fassen sich für Radsportler wie folgt zusammen:

  • Aufbau des Kraftniveaus in der Vorbereitungsperiode
  • Erhalt bzw. stabilisieren des Kraftniveaus im Saisonverlauf

Mit zunehmender Trainingsintensität beim Radtraining verändern sich die Methoden des Krafttrainings. Zu Beginn des Trainingsaufbaus wird für die antriebsrelevanten Muskeln der Beine ein umfangbetontes Muskelaufbautraining (Hypertrophie) betrieben. Je näher die Wettkampfphase rückt, desto mehr verschieben sich die Methoden des Krafttrainings in Richtung intramuskuläres Koordinationstraining (IK-Training). Hierbei werden im Krafttraining u.a. die Übungslasten erhöht und die Wiederholungszahlen reduziert. Durch die Methode des IK-Trainings wird das Niveau der Maximalkraft weiter ausgeprägt und der Sportler im Training weniger ermüdet. Die Anpassungen liegen vor allem im neuronalen Bereich.

Kraftakt

Wenn möglich, sollte ein differenziertes Krafttraining ganzjährig betrieben werden – besonders in Radsportdisziplinen, bei denen eine gut ausgebildete Muskelkraft eine größere Rolle spielt. Zum einen, um auch während der Wettkampfsaison ein möglichst hohes Kraftniveau zu sichern und um zum anderen, um Kraftverlusten entgegenzuwirken, die durch den hohen Umfang der Ausdauerbelastungen verursacht werden. Soweit die Theorie. Dass das Durchführen eines Krafttrainings für Radsportler aber zum sprichwörtlichen „Kraftakt“ werden kann, zeigt der folgende Blick auf den Straßenradsport.

Krafttrainings vs. Radtraining

Im Straßenradsport wird fast täglich auf dem Rad trainiert. Hinzu kommt, dass die Wettkampfsaison sehr lang und die Anzahl der Rennen sehr hoch ist. Die Saisonplanung folgt dabei im professionellen Bereich oftmals stark kommerziellen Interessen. Sponsoren erwarten die Präsenz ihrer Teams bei möglichst vielen Rennen. Und so werden z.T. bis zu 100 Renntage in neun Monaten absolviert. Folglich sind die Trainingsphasen, in denen ein systematischer Kraftaufbau erfolgen kann, sehr kurz. Mit einem steigenden Volumen des Radtrainings kann ein parallel betriebenes Krafttraining schnell zu Überlastungserscheinungen führen. Das Üben im Kraftraum ist dann zu reduzieren oder ganz auszusetzen!

Krafttraining vs. Individuum

Jeder Sportler ist so individuell wie sein Daumenabdruck. Und so reagiert auch jeder Sportler individuell auf Belastungen. Bei der Integration eines Krafttrainings ist nicht vorauszusehen, welchen Grad der Ermüdung ein Sportler tolerieren kann. Besonders bei Radsportlern ist zu berücksichtigen, dass diese bereits ein hohes Trainingspensum auf dem Rad absolvieren. Es ist zu verhindern, dass die Trainingsumfänge und –intensitäten die individuelle Belastungsverträglichkeit übersteigen. Der Sportler würde „ausbrennen“ und ständig erschöpft sein. Als unmittelbare Konsequenz würde sich die Leistungsfähigkeit verschlechtern. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, sollte der Sportler ein Trainingstagebuch führen. Dieses ist in regelmäßigen Abständen vom Trainer auszuwerten. Als besonders hilfreich haben sich dabei Trainingsplattformen wie www.atleta-coaching.de erwiesen. Ebenfalls sollten in regelmäßigen Abständen leistungsdiagnostische Untersuchungen durchgeführt werden. Nur so ist es möglich, die Wirkungen der angewandten Trainingsmethoden und -umfänge zu überprüfen. Dies ist die Voraussetzung, um ein Training individuell und erfolgreich auf einen Sportler abzustimmen.

STAPS Trainingsplan

Trainingsplattformen wie www.atleta-coaching.de helfen dem Trainer dabei ein Ausdauer- und Krafttraining kombiniert zu planen und die individuelle Belastungsverträglichkeit des Sportlers zu monitoren – vorausgesetzt: der Sportler führt sein Trainingstagebuch

Mehr über Krafttraining- und Leistungsdiagnostik im Radsport lesen Sie hier: www.iq-athletik.de
Quelle: Krafttraining im Radsport. Methoden und Übungen zur Leistungssteigerung und Prävention, A. Wagner, S. Mühlenhoff und D. Sandig, 2010. Erschienen bei Elsevier im Urban & Fischer Verlag
Mehr unter: www.iqathletik.de/iq-wissensspeicher/krafttraining-im-radsport/

Titelbild ©: Jale Ibrak – stock.adobe.com

ANDREAS WAGNER
Andreas Wagner ist Sportwissenschaftler und Mitbegründer des renommierten Trainingsinstitutes iQ athletik (www.iq-athletik.de). Mit dem Buch Krafttraining im Radsport (www.krafttraining-im-radsport.de) hat der leidenschaftliche Cyclocrossfahrer und Südhessenmeister im Gewichtheben (AK 2 bis 85 kg) ein viel beachtetes Standardwerk im Radsporttraining verfasst.