Es ist wieder so weit, liebe Pedalritter und Ritzeldamen!
Der Frühling naht, und während die meisten Menschen noch den letzten Rest von Osterhasen-Schokolade von ihren Lippen lecken, packen andere bereits ihre Carbon-Gefährten, Trikots in fluoreszierenden Farben und nicht zu vergessen – die unerlässliche Sonnenbrille, die aussieht, als wäre sie einem Science-Fiction-Film entlehnt. Ja, die Rede ist von den unzähligen Radsportlern, die das heilige Ritual des Radsport-Trainingslagers auf Mallorca zelebrieren. Ein Ereignis so vorhersehbar wie das Amen in der Kirche, nur mit mehr Lycra und weniger Weihwasser.
Warum Mallorca?
Ganz einfach: Die Insel ist das Disneyland für Erwachsene, deren Definition von Spaß darin besteht, sich selbst in hautengen Trikots zu quälen, während sie die malerischen Landschaften mit einer Geschwindigkeit durchqueren, die jeder vernünftigen Form von Sightseeing spottet. Man könnte fast meinen, die Rennradfahrer haben eine geheime Vereinbarung mit dem mallorquinischen Tourismusbüro: „Wir verzichten auf den Strand, wenn ihr uns die Berge überlasst.“
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Faszination ist sicherlich auch die berühmte „Mallorca 312“ – eine Distanz, die die meisten Teilnehmer bis zu ihrem Besuch auf der Insel wahrscheinlich für die Anzahl der Sonnentage im Jahr hielten, die sie dort verbringen möchten. Stattdessen steht sie für die Anzahl der Kilometer, die innerhalb eines Tages auf dem Rad zurückgelegt werden sollen. Eine heroische Aufgabe, die in etwa so anspruchsvoll ist wie das Finden eines freien Liegestuhls am Pool eines All-Inclusive-Resorts im Hochsommer.
Die erste Regel im Trainingslager lautet:
Du sollst nicht zugeben, dass es eigentlich Urlaub ist. Nein, das ist harte Arbeit! Zwischen Espresso-Shots und energiereichen Riegeln versuchen wir, unseren inneren Froome zu channeln, auch wenn unsere Beine eher an eine frisch geborene Gazelle erinnert, die bislang nicht ganz verstanden hat, wie das mit dem Laufen funktioniert.
Der typische Tag im Trainingslager beginnt früh – viel zu früh für etwas, das theoretisch als „Urlaub“ gilt. Doch die Angst, auch nur einen Strahl der kostbaren mallorquinischen Frühlingssonne zu verpassen, treibt uns aus den Betten und auf die Sättel. Das Frühstücksbuffet wird zu einem taktischen Spiel: Wie viel kann ich essen, ohne dass es mich die steilen Anstiege der Tramuntana hoch ausbremst? Jeder möchte der Sonne (und der Konkurrenz) einen Schritt voraus sein. Nach einem Frühstück, das ausreichend Kohlenhydrate bietet, um einen kleinen Marathon zu überstehen, aber merkwürdig proteinarm ist (denn wer benötigt schon Muskeln beim Radfahren?), geht es los. Die Straßen füllen sich mit einem bunten Treiben aus fluoreszierenden Trikots, als wäre der Karneval zu früh dran.
Die Touren sind episch – nicht unbedingt im Sinne homerischer Dichtungen, aber definitiv in Bezug auf den Muskelkater am nächsten Tag. Jeder Kilometer wird zum Kampf, jeder Anstieg zu einer persönlichen Vendetta gegen die eigene Willenskraft. Und doch, in einem masochistischen Akt der Selbstüberschätzung, lieben wir es.
Und dann, nach Stunden der Anstrengung, wenn die Sonne langsam im Meer versinkt und die letzten Kilometer in den Beinen brennen, kommt der Moment der Wahrheit. Es ist nicht der Blick auf den Tacho, der zählt (obwohl einige das sicherlich anders sehen), sondern das Gefühl der Zufriedenheit, ein Teil dieser wunderbar verrückten Gemeinschaft zu sein, die jedes Jahr zusammenkommt, um ihre Liebe zum Radsport zu zelebrieren.
Die Kultur: Mandelkuchen, Paella und ein Hauch von Kettenöl
Aber es geht nicht nur um das Radfahren. Nein, das wäre zu einfach. Es geht um die Kultur. Die Kultur des langen Wartens auf den perfekten Espresso und dem typischen mallorquinischen Mandelkuchen in einem Café, das so authentisch ist, dass selbst die Fliegen einen Akzent haben. Es geht um das gemeinsame Genießen der Paella, die so groß ist, dass sie ihren eigenen Gravitationsbereich hat. Und natürlich um die Diskussionen über die beste Kettenöl-Marke – Gespräche, die so hitzig geführt werden, dass selbst die Kellner lieber in Deckung gehen.
„Nächstes Jahr wieder“
Die Abende sind geprägt von Heldengeschichten. Jeder hat die steilste Steigung bezwungen, den längsten Kilometer hinter sich gelassen, und natürlich war niemand auch nur annähernd so schnell wie der Wind – zumindest in den eigenen Erzählungen. Die Wahrheit ist, dass wir alle Sieger sind, einfach weil wir es wagen, uns diese Prozedur Jahr für Jahr anzutun und uns diesem selbstauferlegten Leiden zu stellen.
Denn am Ende des Tages, wenn die Sonne hinter den Hügeln untergeht und unsere geschundenen Körper nach Ruhe schreien, wissen wir, dass wir auch im kommenden Jahr an diese Pilgerstätte für Radsportler und Radsportlerinnen aufsuchen werden. Mallorca ist nicht nur eine Insel; für uns Radsportbegeisterte ist sie ein Versprechen, ein Pilgerort, ein Schlachtfeld unserer Ambitionen.
So kehren wir in unsere Heimat zurück, die stolzen Ritter und Amazonen der Landstraße, voller Geschichten von heldenhaften Anstiegen, atemberaubenden Abfahrten und natürlich dem einen oder anderen Sturz, der mit einem Schulterklopfen und einem gelassenen „Nächstes Jahr wieder“ abgetan wird. Denn eines ist sicher: Die Insel vergisst nie ein Gesicht, besonders wenn es unter einem gut sitzenden Helm steckt.
So, liebe Mitstreiter, während wir unsere Räder für die Saison vorbereiten, lasst uns einen Toast ausbringen – auf die Schmerzen, die Freude und die unvermeidliche Rückkehr nach Mallorca. Denn tief in unserem Inneren wissen wir: