Die Vorbereitung auf einen Radmarathon erfordert eine ausgewogene Balance aus Be- und Entlastung. Daher sollte man hochintensive Trainingsreize gezielt einsetzen. HIT ist aber nicht das Patent-Rezept für die gesamte Vorbereitung. Daher gibt es im dritten Trainingsblock des M312 Projektes einen anderen Schwerpunkt.

Es gibt zwei Faktoren, welche deine aerobe Leistungsfähigkeit bestimmen. Auf der einen Seite beschreibt die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) deine aerobe Kapazität und galt lange als wichtigstes Kriterium, um die Fitness von Radsportlern zu beurteilen. 

Die VO2max ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Für deine Leistung am Wettkampftag spielt auch die Laktatbildungsrate eine entscheidende Rolle. Deine VLamax beschreibt deine anaerobe Kapazität. 

Wenn du an einem Radmarathon teilnimmst, also an einem Wettkampf mit langer Dauer, dann wird deine durchschnittliche Leistung unterhalb deiner anaeroben Schwelle liegen. Zwangsläufig, denn sonst würdest du nicht ankommen. 

Die dafür erforderliche Energie kommt vereinfacht gesprochen aus zwei Systemen: Der aerobe Stoffwechsel liefert im Idealfall einen Großteil der benötigten Energie, aber der andere Teil kommt immer aus dem anaeroben Stoffwechsel.

Das „Problem“ für Ausdauersportler: Für die anaerobe Energiebereitstellung brauchst du Carbs. Und je höher dein Kohlenhydratverbrauch, desto schneller leeren sich deine Speicher.

Um das Verstehen zu können, muss ich etwas ausholen. Im ersten Schritt erfolgt die   Verstoffwechselung von Kohlenhydraten auf anaerobem Wege. Glukose wird im Zellinneren in Pyruvat umgewandelt und dann im nächsten Schritt in den Mitochondrien unter Zufuhr von Sauerstoff oxidiert. 

Fällt mehr Pyruvat an, als in den Mitochondrien weiterverarbeitet werden kann, wird Pyruvat in Laktat umgewandelt. Bei zunehmender Belastung reichert sich Laktat in der Zelle an. Sinkt die Belastung, wird Laktat wieder in Pyruvat umgewandelt und in den Mitochondrien oxidiert.

Mehr als ein Gran Fondo ... Der Name ist Programm: Bei Mallorca 312 gilt es, 312 Kilometer zu bewältigen.
Mehr als ein Gran Fondo … Der Name ist Programm: Bei Mallorca 312 gilt es, 312 Kilometer zu bewältigen.

Zum einfacheren Verständnis könnte man sagen, im ersten Schritt der Kohlenhydratverbrennung fällt immer auch Laktat an. Daher ist die Laktatbildungsrate ein guter Indikator, um den Kohlenhydratverbrauch zu bewerten. Je mehr Laktat ein Sportler produzieren kann, desto weniger ökonomisch ist sein Kohlenhydratstoffwechsel.

Das muss nicht schlecht sein. Es kommt immer darauf an, welche Ziele man verfolgt. Ein Sprinter braucht beispielsweise eine extrem hohe Laktatbildungsrate, um seine Leistung im Zielsprint auf die Pedale bringen zu können. Er wird dafür aber nie ein Radrennen mit einer Solofahrt als Ausreißer gewinnen. 

Willst du aber einen Radmarathon erfolgreich absolvieren, ist eine hohe Laktatbildungsrate kontraproduktiv. Bei steigender Wettkampfdauer wird der Fettstoffwechsel wichtiger. Man kann sagen: Je niedriger deine Laktatbildungsrate, desto höher ist der Anteil der Fettverbrennung an deiner Energiebereitstellung. 

Ein wichtiges Ziel für die zweite Phase meiner Vorbereitung ist also, die Laktatbildungsrate zu senken. Hochintensive Trainingseinheiten sind dafür kontraproduktiv, weil die Belastung im anaeroben Bereich zu 100 Prozent über Carbs gewährleistet wird.

Neben langen Fahrten im Grundlagenbereich wirken sich vor allem Trainingseinheiten mit leeren Glykogenspeichern positiv auf den Fettstoffwechsel aus und senken die VLamax. Diese Anpassung braucht allerdings Zeit, weshalb die zweite Phase etwas länger dauern sollte als die erste Phase. Im Gegensatz dazu kannst du bei der VO2max auch in kurzer Zeit positive Effekte erzielen. 

Ein anderes Tool zur Senkung der VLamax sind kraftbetonte Intervalle unterhalb der Laktatschwelle. Wenn du deine GA2-Intervalle mit hoher Pedalkraft fährst, ermüdest du die schnellen Muskelfasern. Das sind diejenigen, die für eine hohe Laktabildung zuständig sind. Als Folge kommt es zu einer Anpassung. Ein Teil der schnellen Fasern wird in langsame und ausdauerndere Muskelfasern umgewandelt. Die Laktabildungsrate sinkt.


Hier ist mein Plan für August:

Woche 9: 

  • Dienstag: 60min MIT 1x8min / 2x4min / 4x2min Sweet Spot
  • Donnerstag: 90min MIT 4x6min K3
  • Samstag: 150min LIT mit 8x7s Sprint

Woche 10: 

  • Dienstag: 60min MIT 3x8min Sweet Spot
  • Donnerstag 90min MIT 3x8min K3
  • Samstag: 165min LIT mit 4x8min KA

Woche 11: 

  • Dienstag: MIT 2x12min Sweet Spot
  • Donnerstag 90min MIT 4x8min K3
  • Samstag: 180min LIT mit 12x7s Sprint

Entlastungswoche:

  • Dienstag: 60min MIT 3x8min GA2
  • Donnerstag 60min Push & Spin
  • Samstag: 120min LIT GA

Mallorca 312 – mehr als ein Gran Fondo … mit 3 Streckenmöglichkeiten:

Mehr als ein Gran Fondo ... Der Name ist Programm: Bei Mallorca 312 gilt es, 312 Kilometer zu bewältigen.
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Mehr als ein Gran Fondo ... Der Name ist Programm: Bei Mallorca 225 gilt es, 225 Kilometer zu bewältigen.
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Mehr als ein Gran Fondo ... Der Name ist Programm: Bei Mallorca 167 gilt es, 167 Kilometer zu bewältigen.
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JÖRG BIRKEL
Jörg Birkel lebt und arbeitet seit 2013 auf Mallorca und bietet dort ganzjährig Sportreisen und Trainingslager an. Zuvor hat er an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert und mit einem Diplom als Sportwissenschaftler abgeschlossen. Im Anschluss an sein Studium hat sich Jörg als Sportjournalist selbstständig gemacht und über Trainings- und Ernährungsthemen geschrieben. Von 2003 bis 2009 war der passionierte Radfahrer und Fachbuchautor als Dozent an der Deutschen Sporthochschule tätig. Und seit dem 15. Oktober 2020 verstärkt er ilovecycling.de als Chef-Redakteur mit seinem Fachwissen.