Winterzeit ist Schrauberzeit. Während die einen ihr Fahrrad einmotten, machen die anderen das Velo fit für Eis und Schnee oder gönnen ihm ein technisches Update. „ilovecycling.de“ gibt Tipps, wie Hobbyschrauber dabei die zehn häufigsten Fehler vermeiden.

1. Bloß keine Hektik

Es ist Samstagmittag, die Mitfahrer warten oder der Wochenendeinkauf steht noch an, bevor die Läden schließen. „Nur eben schnell das Rad fertigmachen“, denkt sich so mancher und prompt wird aus der Bagatelle im Eifer des Gefechts ein mittelschwerer Schadensfall. Es mag abgedroschen klingen, aber in der Ruhe liegt die Kraft. Wer keine Zeit hat, sollte die Finger vom Werkzeug lassen und die Reparatur auf einen günstigeren Zeitpunkt verschieben.

2. Was läuft, das läuft

Vor einer anderen Art von falschem Timing warnt Karlheinz Nicolai. Eigentlich tüftelt der Ingenieur ja gerne. Wenn seine Teamfahrer in ein Rennen gehen, sei allerdings kein Platz für Experimente: „Never change a running system!“ Neue Teile könne man nicht ausgerechnet dann ausprobieren, wenn man sich auf das Rad verlassen muss. Das gilt für Radreisen oder sogar schon ausgedehnte Tagestouren genauso wie bei einem Wettbewerb.

3. Betriebsanleitung lesen

Während einige Hobbyschrauber glauben, alles zu wissen, besuchen professionelle Zweiradmechaniker regelmäßig Schulungen. Gerade bei den Komponenten gibt es immer wieder Neuerungen, zumindest mit der Betriebsanleitung sollte man sich also vertraut machen. Geht es um einen technischen Umbau, riskiert man unter Umständen nicht nur die Gewährleistung des Herstellers: „Bei schnellen Pedelecs dürfen nur die für das Modell zugelassenen Komponenten verbaut werden, ansonsten erlischt die Betriebserlaubnis“, erklärt Anja Knaus von Flyer.

4. Nicht im Dreck arbeiten

Schmutz hat beim Schrauben nichts zu suchen. Wenn man schon auf dem Boden arbeiten muss, sollte dieser wenigstens sauber sein. Besser ist ein stabiler Montageständer, wie z. B. der Minoura „Tancho DW2“, den man nach Gebrauch platzsparend zusammenklappen kann. Schrauben und Kleinteile gehen mit einer magnetischen Ablageschale (z. B. Pedroʼs „Magnetic Parts Tray“) nicht verloren und natürlich sollte man für ausreichende Raumbeleuchtung sorgen.

Fahrrad Montageständer

5. Vernünftiges Werkzeug einsetzen

Wer am Werkzeug spart, muss das oft teuer bezahlen: Billige Tools gehen nicht nur schnell kaputt, sondern können Rad und Teile ernsthaft beschädigen. Werkzeug in Profiqualität gibt es vom Einsteigerset wie dem „Apprentice Tool Kit“ von Pedroʼs bis hin zu Komplettsets wie dem „PK-66“ von Park Tool. Wie umfangreich das Sortiment sein sollte, hängt zum großen Teil davon ab, welche Arbeiten am Rad man sich selbst zutraut und was man lieber dem Profi überlässt.

6. Drehmomente beachten

Während Schrauben früher einfach nach Gefühl angezogen wurden, ist ein Drehmomentschlüssel inzwischen nicht nur bei Klemmverbindungen an Carbonteilen praktisch unverzichtbar. „Es gibt kein ,handfestʻ mehr“, sagt Stefan Scheitz vom Großhändler Sport Import, der mit dem BBB „Torque Set BTL-73“ ein vergleichsweise günstiges Modell mit breitem Einstellbereich anbietet.

Drehmomentschlüssel für das Fahrrad

7. Standards einhalten

Die Innovationskraft der Fahrradbranche bringt neben vielen Vorteilen eine große Zahl verschiedener Standards mit sich: Alleine die Durchmesser von Sattelstützen weichen im Zehntel-Milimeter-Bereich voneinander ab. „Wenn hier ein Blick in die Betriebsanleitung nicht hilft, besorgt man sich am besten einen Messschieber, bevor man nach dem Motto ,was nicht passt, wird passend gemachtʻ verfährt“, rät Tobias Erhard vom Komponentenhersteller Sram.

8. Fett ist nicht gleich Fett

Mit einem Universalschmiermittel kommt man durchaus weit. Um die optimale Funktion mancher Bauteile wie Federgabeln oder elektronischen Schaltungen zu gewährleisten und sie nicht zu beschädigen, setzt man allerdings besser auf Spezialisten. Kunststoffe können durch das falsche Schmiermittel ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden.

Glossar: das 1×1 der Schmiermittel:

  • Öl: Schmiermittel von geringer Viskosität, d. h. gutem Fließverhalten, wird z. B. in Tropfenform auf Ketten appliziert, oft mit Zusätzen versehen
  • Grundöl: Rohprodukt, gewonnen aus Kohlenstoff (fossil: Kohle, Erdöl, Erdgas oder nachwachsend: Soja, Raps oder Palme)
  • Fett: Schmiermittel von hoher Viskosität, d. h. eher fest, indem Öl mit einem Verdicker verfestigt wird
  • Kriechöl: stark flüssiges und eher flüchtiges Schmiermittel, unterwandert Wasser und Korrosion (daher oft gut zur Reinigung), aber auch andere Schmiermittel (darum mitunter kontraproduktiv)
    Hinweis eines aufmerksamen Lesers:
    Bei Kriechöl finde ich einen Hinweis angebracht, das diese nicht für die Kettenschmierung verwendet werden sollten.
    Die Schmierwirkung ist durch die Verflüchtigung schon nach kurzer Zeit nicht mehr gegeben, außerdem dringt es in die Rollen der Ketten ein und spült dort das benötigte Fett heraus. Der Zustand der Kette verschlechtert sich dadurch.
    Viele Mountainbiker verwenden auch WD40 zum schmieren der Gabel, auch davon ist dringend abzuraten weil die enthaltene Säure die Dichtungen angreift.
    Besser ist z.B. Ballistol (ist säurefrei) oder Brunox RockShox Deo.
  • Viskosität: bedeutet „Zähflüssigkeit“ oder „Klebrigkeit“, gibt Auskunft über das Fließverhalten des Schmierstoffs: je höher der Wert, desto zäher das Öl, je geringer, desto flüchtiger das Öl (von lat. Viscum für Mistel, Rohstoff des Vogelleims zu Vorzeiten)
  • Zusätze (Additive): Dem Grundöl zugeführte Substanzen, welche die konkreten Produkteigenschaften bestimmen, z. B. Fließeigenschaft (Viskosität), Haftung/Haltbarkeit/Wetterschutz, Druck- o. Hitzeresistenz
  • Teflon: ein Fluor-Kohlenstoff-Polymer, wird aufgrund seiner Reaktionsträgheit, Widerstandsfähigkeit und dabei geringen Reibungskoeffizienten als Zusatz in Kettenöl verwendet
  • Nanopartikel: Zusätze in der kleinstdenkbaren Form. Noch zu neu für Betrachtung in Langzeitstudien, daher bisweilen umstritten
  • Trockenschmierung: feste Partikel mit schmierenden Eigenschaften werden mit schnell verdunstender Trägerflüssigkeit aufgetragen. Vorteil: verschmutzt kaum
Finish Line Kettenöl

9. Kreuzkontamination vermeiden

Gefährlich wird es, wenn Schmiermittel dorthin geraten, wo sie nichts zu suchen haben. Fettige Felgenflanken bzw. Bremsscheiben etwa setzen die Bremse schachmatt. Eine Sprühflasche ist kein Deo! Dosierhilfen sollte man, sofern vorhanden, auch nutzen oder sich mit Einwegspritzen aus der Apotheke behelfen. Geht doch etwas daneben, lassen sich Öl und Fett mit speziellem Reiniger wie dem Muc-Off „Disc Brake Cleaner“ entfernen.

10. Grenzen erkennen

Ertappt man sich mit Zange oder Hammer in der Hand und Gewaltphantasien im Kopf, sollte man nicht länger auf Selbsthilfe setzen, sondern sich an den Profi wenden. Der Fachhändler weiß, warum es nur noch mit roher Kraft weiterzugehen scheint, und kennt entweder den entscheidenden Trick oder hat das richtige Werkzeug. In den meisten Fällen ist der Stundenlohn des Mechanikers niedriger als der potenzielle Schaden, den man anrichten würde.

Fahrrad-Werkstatt

Bildnachweise ©:
[´www.cosmicsports.de | pd-f´] [´www.grofa.com | pd-f´] [´www.sportimport.de | pd-f´]
[´www.nicolai.net | pd-f´] [´www.pd-f.de / Holger Heinemann´]


Titelbild ©: Günter Menzl – stock.adobe.com

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2 KOMMENTARE

  1. Bei den Kriechöl finde ich einen Hinweis angebracht, das diese nicht für die Kettenschmierung verwendet werden sollten.
    Die Schmierwirkung ist durch die Verflüchtigung schon nach kurzer Zeit nicht mehr gegeben außerdem es dringt in die Rollen der Ketten und spült dort das benötigte Fett aus und der zustand der Kette verschlechtert sich dadurch.
    Viele Mountainbiker verwenden auch WD40 zum schmieren der Gabel, auch davon ist dringend abzuraten weil die enthaltene Säure die Dichtungen angreift.

    Besser ist Ballistol (ist säurefrei) oder Brunox RockShox Deo