Ganz am Anfang stand eigentlich ein Trekkingrad. Aber ich wollte nicht immer von den schnellen Rennradfahrern abgehängt werden. Eines Abends überholten mich zwei oder drei Typen in Teamtrikots. Den Radladen, der draufstand, kannte ich vom Vorbeifahren. Ich nahm Kontakt auf und kaufte mir dort meinen ersten Renner. Eigentlich ein Cyclecrosser, aber mit Straßenbereifung gut für Einsteiger geeignet. Leider war schon August, der Familienurlaub und eine Knieverletzung standen dem Beginn der Rennradliebe entgegen. So endete die Saison 2014 mit kümmerlichen 600km.
Über den Winter rettete ich mich mit Spinningfahren im Studio und gelegentlichen Touren mit dem Trekking(-esel). So behäbig und schwer im Vergleich kommt es mir vor! Im Gesichtsbuch hatte ich mich diversen Rennradgruppen angeschlossen. Irgendwo las ich von den Cyclassics und das es auch eine 60km Strecke gab. „Die ist zu schaffen“, dachte ich mir und meldete mich sofort an. Wenn man ein festgesetztes Ziel hat, fällt es leichter, daraufhin zu trainieren. Ich wurde mutig und bin einfach zu einer bei fb geposteten Ausfahrt hingefahren. Das Wetter war fein, das Tempo zu schaffen und die Leute nett. Hier habe ich meine späteren Teamkollegen gefunden.
Aber ich fuhr auch bei anderen Gruppen mit und lernte dadurch viele Leute kennen. Auch im Alltag legte ich immer öfter Strecken mit dem Rennrad zurück. Km machen, im Training bleiben, mal so nebenbei das Workout erledigen. Eigentlich nur vom sportlichen Ansatz aus gesehen. Aber Radfahren macht auch so schön den Kopf frei, baut prima den täglichen Stress ab und regt den Kopf zu kreativen Ideen an! Das wurde mir immer mehr bewusst.
Autofahren, gerade vom ländlichen Bereich in die Stadt hinein, ist meganervig! Es ist doch viel angenehmer mit der Straßenbahn die Strecke zu fahren. Da kann man lesen, schreiben, nachdenken, schlafen oder mit dem Handy surfen. Und kommt relaxt bei der Arbeit an (meistens jedenfalls). Je nach Wetterlage und verfügbarer Zeit nehme ich das Rad oder die Bahn. Das Auto eigentlich nur noch, um morgens pünktlich an der Haltestelle zu sein. Mit dem Rad brauche ich leider länger (sind immerhin 10 km) und müsste meine Kids entsprechend früher wecken, damit sie fertig sind, wenn ich los muss. Das bringe ich aber nicht übers Herz, die sind morgens immer völlig müde und fertig. Aber auch das wird nicht immer so bleiben… Wenn sie die Schule wechseln, fährt auch deren Bus früher und alles passt wieder.
Liebe Rennradfahrer und auch alle anderen Radler, ihr kennt es ja mit Sicherheit von Autofahrern mit Abgasen vollgequalmt, geschnitten, bedrängt, angehupt und bepöbelt zu werden. In solche Situationen kam ich mit Zunahme der gefahrenen Strecken auch immer öfter. Wenn man auf einer ca. 2,50 m breiten geteerten, für Durchgangsverkehr gesperrten Straße fährt und einem ein fetter SUV entgegenkommt, der keinen Millimeter von seiner Fahrspur abweicht… Da wird auch der friedlichste Radler zum Autohasser. Wenn ich selbst mit dem Auto unterwegs bin, überhole ich Radkollegen immer mit viel Abstand. Und wenn es gerade nicht passt, fahre ich auch mal eine Zeit lang hinter ihnen her.
Meine Saison 2015 lief sehr gut für mich, mit erfolgreicher Teilnahme bei den Cyclassics und dem Bodenseeradmarathon. 6.000 km sind es geworden 🙂 Für 2016 wollte ich noch einen drauflegen. Im Februar baute ich dann einen Unfall mit meinem Auto. Ich hatte Schuld, nur einen Sekundenbruchteil nicht aufgepasst. Zum Glück waren alle beteiligten Personen heil geblieben. Die Autos dagegen ein Haufen Schrott. Jetzt kam der Ernstfall: 9 Tage ohne Auto! Nicht in der Stadt, sondern auf dem Dorf. Weitab von allem und schlechtes Wetter! Meine Erlebnisse brachte ich zu Papier bzw. tippte sie in meinen iPad. Der Blog „Die Radheldin“ war geboren!
Damit der Blog nicht nach ein paar Einträgen aufhört, beschäftigte ich mich mehr und mehr mit nachhaltiger Mobilität. Carsharing, Elektroautos, Lastenräder und überhaupt intermodale Mobilität ist ein weitreichendes Thema und wirklich spannend! Ganz in meiner Nähe, meiner Nachbargemeinde Tarmstedt, hat sich eine Gruppe von Leuten gefunden, die ein Carsharing mit Elektroautos betreiben. Also eCarsharing. Das fand und finde ich toll und als dort eine der ersten Schnellladesäulen weit und breit installiert wurde, berichtete ich in meinem Blog darüber. Es dauerte nicht lange, da entstand Kontakt zu der Gruppe. Mittlerweile ist das eCarsharing SG Tarmstedt auch bei Facebook zu finden. Ratet mal, wer die Webmasterin ist 😉
Ich schrieb auch darüber, dass ich Lastenräder wirklich sinnvoll fände. Aber hier in meiner Nähe kann man keins ausprobieren bzw. ausleihen. So googelte ich und fand Sønstebys, einen super Radladen im Bremer Viertel, die mich ihre ganzen Räder ausgiebig testen liessen. Es hat wirklich Spaß gemacht, mit diesen Rädern zu fahren und ich arbeite daran, wie ich das für meinen Alltag umsetzen kann. Natürlich braucht ein Privatmensch nicht jeden Tag ein Lastenrad und so steht es viel Zeit ungenützt herum. Also kann man es auch anderen als Bikesharing zur Verfügung stellen. Leider ist die Anschaffung relativ teuer (aber SEHR klein im Vergleich zum Auto).
Über mein Auto ärgere ich mich ziemlich oft, die Reperatur nach dem Unfall hat mich einen Hafen Geld gekostet, den es mir eigentlich nicht wert war. Heute würde ich es nicht mehr reparieren lassen, sondern für das Geld ein Pedelec kaufen. Oder ein Lastenrad. Die Wertigkeit als Statussymbol hat das Auto in meinen Augen verloren. Es ist manchmal nützlich und bequem, aber mehr nicht. Das Beste am ganzen Wagen ist die Stereoanlage. Und ich kann mich tierisch über Leute aufregen, die für Strecken von 2 km bei strahlenden Sonnenschein das Auto nehmen. Lieber 2 t Metall und Plastik in Bewegung setzen, anstatt die eigenen 80 Kilo mittels Rad oder zwei gesunden Füssen zu bewegen! Keinerlei Gedanken dabei verschwenden an giftige Abgase, an denen jeden Tag Menschen sterben und Zerstörung des Klimas. Was für eine Welt muten wir unseren Kindern eigentlich zu? So ein Erbe müsste doch jeder ablehnen! Ganz zu schweigen, was so eine Kurzstrecke umgerechnet an Benzin kostet…
Mein Leben hat sich durch das Radfahren, den Blog und die Nachhaltigkeit verändert und auch die vielen Menschen, die ich dadurch kennenlernen durfte, bereichern mein Leben.