Wieviel muss man für eine erfolgreiche Tour-Transalp-Teilnahme trainieren? 8-9 Stunden pro Woche sind dafür ausreichend, wie unser Trainingsplan von STAPS zeigt. Hier kannst du nachlesen, worauf es bei der Trainingsplanung ankommt.

Die Tour Transalp gehört zu den größten Herausforderungen im Jedermann-Radsport: Fast 900 Kilometer mit rund 20.000 Höhenmeter in einer Woche zu bewältigen, das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Eine solide Grundfitness und ein guter Trainingsplan sind entscheidend, um das mehrtägige Radrennen vom Imst an den Gardasee beschwerdefrei und mit Spaß zu absolvieren.

Das ilovecycling.de-Redaktionsteam hat sich deshalb professionelle Unterstützung gesucht. Die Radsportexperten von STAPS beraten die vier Hobbyfahrer bei ihrer Vorbereitung auf die Tour. Die Zusammenarbeit beinhaltet eine komplexe Leistungsdiagnostik und individuelle Trainingspläne für jeden Fahrer.

Im letzten Teil unserer Tour-Transalp-Serie haben wir bereits über die Ergebnisse der Leistungsdiagnostik und das jeweilige Optimierungspotenzial der Fahrer berichtet. Aufbauend auf der Diagnostik hat der Sportwissenschaftler Jonas Kraienhorst Trainingspläne geschrieben.

Basis für die Planung war ein ausführlicher Fragebogen, indem u.a. die Zielsetzung für das Rennen und der verfügbarer Zeitrahmen abgesteckt wurden. Bereits hier hat sich gezeigt, dass unsere Teammitglieder die Vorbereitung mit sehr unterschiedlichen Ambitionen angehen wollten.

STAPS Leistungsdiagnostik und Volker Poppensieker

Team 1

Als ehemaliger Team Strassacker Fahrer hat Herausgeber Jörg Lachmann sicherlich den ambitioniertesten Trainingsplan mit einem Wochenumfang von bis zu 15 Stunden und bis zu 9 Trainingseinheiten, während sein Teampartner Volker Poppensieker ein maximales Wochenpensum von 12 Stunden und maximal 6 Einheiten im Plan hat.

Team 2

Beim zweiten Team gestaltet sich die Trainingsplanung etwas schwieriger, da Chefredakteur Jörg Birkel und seine Frau Patricia auf Mallorca Trainingslager für Radfahrer und Triathleten veranstalten (Jorge-Sports). Jobbedingt ist das Trainingspensum der beiden daher schwieriger zu planen. Deshalb hat sich Jörg lediglich eine Vorgabe für ein Wochenpensum von etwa 9 Stunden mit jeweils drei Trainingseinheiten erstellen lassen.

Dieses Trainingspensum mit drei Einheiten pro Woche ist sicherlich auch für die meisten Hobbyfahrer neben dem Berufsalltag gut zu stemmen und dient daher als unser Musterplan für die Vorbereitung auf die Tour Transalp.

Noch mal zur Erinnerung: Die maximalen Sauerstoffaufnahme steigern, den Körperfettanteil senken und die Laktatbildungsrate reduzieren lautet das vorrangige Trainingsziel für die Jungs. Vermutlich wird das auch auf über 70-80 Prozent der Hobbyfahrer ebenfalls zutreffen, die sich jedes Jahr auf eine Alpenüberquerung vorbereiten.

Priorität hat allerdings die Steigerung der Sauerstoffaufnahme, denn davon hängt die Ausdauerleistungsfähigkeit am stärksten ab. Bei der Trainingsplanung sollte man seine Trainingsziele immer vor Augen haben und sich bei jeder einzelnen Trainingseinheit fragen, was man damit bezwecken möchte.

„Die maximale Sauerstoffaufnahme steigert sich in Abhängigkeit des umgesetzten Sauerstoffs. Aufgrund der Kürze der Trainingszeit, steigert sich der Umsatz bei Hobbyfahrer am ehesten durch die Steigerung der Intensität“, erklärt Jonas Kraienhorst. Es macht allerdings wenig Sinn, jede Einheit von Anfang bis Ende immer Vollgas zu fahren, weil dann die Regenerationszeit zu lang wird. Stattdessen kommt es auf einen ausgewogenen Mix an. Ein Teil der Einheiten wird im Grundlagenbereich (G1) absolviert und um kurze intensive Intervalle, z.B. im Bereich der anaeroben Schwelle oder auch höher-intensiv, ergänzt.

Ausgedehnte Ausfahrten, die ausschließlich im G1-Bereich gefahren werden, sind nicht im Trainingsplan enthalten. Zwar kann man auch mit großen Umfängen bei niedrigem Tempo die Sauerstoffaufnahme nach oben treiben, aber diese Trainingsmethode ist relativ zeitintensiv. Für Berufstätige ist es schlauer, aus der begrenzten Trainingszeit mehr rauszuholen, indem die Intensität gezielt gesteigert und damit der Sauerstoff-Umsatz/Verbrauch angehoben wird.

Für Berufstätigte ist es ohnehin schwierig, sich neben Job und Familien noch ausreichend Trainingszeit freizuschaufeln, deshalb haben wir einen Großteil der Trainingszeit aufs Wochenende geschoben. Unter der Woche gibt es lediglich eine kurze Einheit.

Jörg und Patricia Birkel

Jörgs erster Wochenplan sieht so aus:

MI: 90 Minuten Radfahren
Einfahren im G1-Bereich. Dann 5x4min im EB-Bereich im Wechsel mit 4min im G1-Bereich fahren. Die verbleibende Einheit im G1-Bereich zu Ende fahren.

SA: 180 Minuten Radfahren
Einfahren im G1-Bereich. Dann 4x4min im EB-Bereich im Wechsel mit 4min im G1-Bereich fahren. Im Anschluss gleichmäßig für 10-15min im G1-Bereich fahren. Dann 3x10min im G2-Bereich im Wechsel mit 10min im G1-Bereich fahren. Die verbleibende Einheit im G1-Bereich zu Ende fahren.

SO: 210 Minuten Radfahren
Einfahren im G1-Bereich. Dann 2x12min im K3-Bereich am Berg (TF=40-60) im Wechsel mit 10min im G1-Bereich fahren. Im Anschluss gleichmäßig für 10-15min im G1-Bereich fahren. Dann 3×10-12min im G2-Bereich im Wechsel mit 10min im G1-Bereich fahren. Die verbleibende Einheit im G1-Bereich zu Ende fahren und 5x30s mit einer TF=110 fahren.

Wie man sehen kann, enthält jede Trainingseinheit kurze oder mittellange Intervalle im Entwicklungsbereich (EB) oder Grundlagenbereich 2 (G2). Insgesamt werden etwa 2/3 der Einheit im ruhigen Grundlagentempo absolviert und etwa 1/3 mit gesteigerter Intensität. Die Intensität dient dazu, die Sauerstoffaufnahme anzuheben.

Besonders gut lässt sich die Sauerstoffaufnahme mit kurzen HIIT-Einheiten nach oben treiben. Eine der effizientesten Trainingseinheiten beinhaltet 30/30-Intervalle (intermitted exercise). Dabei wird innerhalb eines Intervallblocks in kurzen Abständen zwischen hochintensiven und lockeren Belastungen gewechselt.

HIIT – High Intensity Intervall Training

Trainingseinheit: 120min Radfahren
Einfahren im G1-Bereich. Dann 2x8min im IE-Bereich (30s Intervall / 30s Pause) im Wechsel mit 10min im G1-Bereich fahren. Im Anschluss gleichmäßig für 10-15min im G1-Bereich fahren. Dann 2x10min im G2-Bereich (TF=70) im Wechsel mit 10min im G1-Bereich fahren. Die verbleibende Einheit im G1-Bereich zu Ende fahren.

Zusätzlich zielen einzelne Trainingseinheiten auf eine Aktivierung des Fettstoffwechsel ab, um die Laktatbildungsrate zu senken. Ab der zweiten Trainingswoche gibt es dann auch Vorgaben für die Ernährung vor und während der Ausfahrten. Eine typische Einheit sieht so aus:

Aktivierung Fettstoffwechsel und Senkung der Laktatbildungsrate

Am Vorabend keine Kohlenhydrate zuführen, sondern eine protein-fettbetonte Mahlzeit.

Trainingseinheit: 180 Minuten Rad fahren
Morgens werden ebenfalls keine bis wenige KH (max. 50-60g) zugeführt, alternativ aber gerne ausreichend Proteine und etwas Fette. Einfahren im G1-Bereich. Dann 4x10min im G2-Bereich (TF=70) im Wechsel mit 10min im G1-Bereich fahren. Die verbleibende Einheit im G1-Bereich zu Ende fahren. Nach der Einheit unmittelbare KH-Freigabe und diese zuführen.

Die Fettstoffwechseleinheiten können nüchtern absolviert werden oder nach einem protein-fettbetonten Frühstück etwa 2-3 Stunden vor dem Training. Eier mit Speck ist das Frühstück der Wahl bei Jörg und Patricia. Eine weitere Besonderheit der Einheit: Die Kombination aus niedriger Trittfrequenz (dickem Gang) und leicht erhöhter Intensität im G2-Bereich sorgt für eine Senkungen der Laktatbildungsrate und damit zu einer Reduzierung des Kohlenhydrat-Stoffwechsels.

Durch Fettstoffwechseleinheiten mit niedrigen Glykogenspeichern (train-low) wird mittelfristig die Laktatbildungsrate gesenkt, weil der Körper lernt, Fette zu verbrennen statt auf gut-gefüllte Kohlenhydrat-Speicher zurück zu greifen Während des Trainings werden daher – je nach Fitnesslevel – auch bis zu drei Stunden keine oder nur vermindert Kohlenhydrate zugeführt!

Trainingssteuerung mittels Wattmesser

Soweit zur Trainingsplanung. Entscheidend für den Trainingserfolg ist eine optimale Trainingssteuerung. Mittels der vorherigen Leistungsdiagnostik hat Jonas die individuellen Trainingsbereiche der Redaktionsmitglieder genau festgelegt. Im Training können die Athleten sich nach den jeweiligen Puls- oder Wattvorgaben richten.

Chefredakteur Jörg Birkel hat sich für ein leistungsgesteuertes Training mit Wattmesser entschieden, weil hier weniger Einflussfaktoren (Wind, Steigung, Wetter, Temperatur, Stress, etc.) eine Rolle spielen als bei einem pulsgesteuertem Training. Zudem werden die Wattwerte sekundengenau ermittelt. So kann man schneller auf einen Belastungswechsel durch unebenes Gelände reagieren.

Hier sind die Wattvorgaben am Beispiel von Jörgs Leistungsdiagnostik:

G1 118 -176 Watt Ziel: 150 Watt
G2: 176-212 Watt Ziel: 190 Watt
EB: 212-247 Watt Ziel: 240 Watt
IE: Ziel: Intervall: 330 Watt / Pause: 120 Watt

Neben den Wattangaben gibt es noch Empfehlungen für die Trittfrequenz:

Im Grundlagenbereich sollte die Trittfrequenz zwischen 85 und 110 U/min liegen, bei kraftbetonten Einheiten kann diese auch bei 70 U/min liegen, während frequenzbetonte Einheiten auch bis 120 U/min gefahren werden dürfen. Training im Kraftausdauerbereich (KA) wird sogar nur mit Frequenzen um 40-60 U/min gefahren.

Tour Transalp am See in den Bergen

Unser Fazit aus der Trainingsempfehlung von STAPS lautet:

Der Anteil an intensiven Intervallen überrascht vielleicht ein wenig, weil die meisten Trainer immer noch hohe Umfänge im G1-Bereich empfehlen. Bei der Trainingsplanung sollte man aber nicht nur auf Spitzensportler schauen, deren Trainingspensum deutlich höher sein dürfte als das begrenzte Zeitbudget von berufstätigen Hobbyradlern zulässt.

Vielmehr ist es für ambitionierte Rennradfahrer entscheidend, aus der verfügbaren Zeit das Optimum herauszuholen. Dementsprechend gestaltet sich der Trainingsplan für die Tour Transalp intensiver als angenommen. Umso weniger Zeit verfügbar ist, desto mehr Intensität gehört in den Plan. Ansonsten verschenkt man Potenzial.

Damit sich ein Hobbysportler dabei aber nicht überfordert, ist eine zielgerichtete Trainingssteuerung entscheidend. Intervalle sollten mit den vorgegebenen Werten gefahren werden und nicht deutlich schneller. Mehr Intensität im Training heißt aber auch nicht, dass man grundsätzlich zügiger fahren sollte, sondern einen Großteil der Zeit bewusst moderat-intensiv im G1-Bereich unterwegs ist und dann lediglich für kurze Zeitabschnitte intensiver trainiert.

Bildnachweis: © Uwe Geissler

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JÖRG BIRKEL
Jörg Birkel lebt und arbeitet seit 2013 auf Mallorca und bietet dort ganzjährig Sportreisen und Trainingslager an. Zuvor hat er an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert und mit einem Diplom als Sportwissenschaftler abgeschlossen. Im Anschluss an sein Studium hat sich Jörg als Sportjournalist selbstständig gemacht und über Trainings- und Ernährungsthemen geschrieben. Von 2003 bis 2009 war der passionierte Radfahrer und Fachbuchautor als Dozent an der Deutschen Sporthochschule tätig. Und seit dem 15. Oktober 2020 verstärkt er ilovecycling.de als Redakteur mit seinem Fachwissen.

2 KOMMENTARE

  1. Hallo Stephan,

    danke, es freut mich, dass dir der Beitrag gefällt. Und ja, wir haben uns hier tatsächlich nur auf das Radtraining konzentriert. Kraft- und Athletiktraining integriere ich eigenständig in den Wochenplan, aber wir werden das Thema gerne mal gesondert aufgreifen.

    Sportliche Grüße
    Jörg

  2. Interessanter Artikel, der auch ganz gut den voranschreitenden Paradigmenwechsel im Ausdauersport widerspiegelt. Was ich hier vermisse ist die Integration von Krafttraining, oder ist das hier nicht vorgesehen bzw. fokussiert man sich hier lediglich auf die Einheiten auf dem Rad?

    VG,
    Stephan