Schaut man sich die Bilder so mancher Radprofis an, fühlt man sich mitunter an Magermodels erinnert. Der Schlankheitswahn geht dabei auf den Glauben zurück, dass weniger Gewicht automatisch mit einer größeren Leistung pro Körpergewicht einhergeht. Außerdem müssen weniger „Kilos“ am Berg gegen die „Hangabtriebskraft“ beschleunigt werden. Das Körpergewicht zu reduzieren kann also durchaus Sinn machen. Aber wie schaffen Sie es nun, vernünftig „Abzunehmen“?
Essen Sie doch einfach weniger Energie wie Sie aufnehmen – so oder ähnlich lauten oftmals Tipps und Tricks aus Radmagazinen oder von Trainern. Doch ganz so einfach ist es nicht. Bei der Fülle an sinnlosen „Diäten“ ist es für den „Jedermann“ und die „Jederfrau“ kaum noch möglich anhand wissenschaftlicher Kriterien zu bewerten, welche Tipps fundiert und wann es sich um „bloße Behauptungen“ handelt. Gut-gemeinte Tipps können so gewaltig nach hinten losgehen.
Abnehmen und Hungern
Wer abnehmen möchte, muss weniger Kalorien zuführen, wie er „verbraucht“. So einfach klingt zunächst einmal die Theorie. Richtig ist dies jedoch nur zum Teil und gerade für Sportler müssen wir noch andere weitere Aspekte bedenken. Wer Leistung bringen will, muss hart trainieren und ausreichend regenerieren. Experimentiert man als Sportler mit „Hungern“ und geringer Energiezufuhr, kann das problematisch werden. Wird das Kalorien-Defizit zu groß, reagiert der Körper mit verschiedenen „Regulationsmechanismen“, um die vermeintliche „Hungersnot“ überstehen zu können. Keinesfalls ist es so, dass der Körper automatisch „Fett“ verbrennt, nur weil die Energiezufuhr reduziert ist. Viel wichtiger wie das Zählen von Kalorien, scheint beim Thema „Abnehmen“ die Zusammensetzung Ihrer Basisernährung zu sein – also das Verhältnis von Fetten, Kohlenhydraten und Proteinen.
Wird die Energieaufnahme zu stark reduziert, senkt der Körper seinen „Energiebedarf“ in Ruhe: Dabei steigt der Proteinumsatz von 5 – 15 % auf überdurchschnittliche Höhe. Ihr Körper stellt dabei aus Proteinen „verwertbare“ Energie in Form von Glukose her. In diesem Zusammenhang reduziert sich der Anteil aktiver Muskelmasse, die quasi stillgelegt wird. Gleichzeitig sorgen hormonelle Rückkopplungen dafür, dass katabole (abbauende) Stoffwechsellagen überwiegen, während anabole (aufbauende) Prozesse zurückgefahren werden. In der Folge sinkt der Energieverbrauch in Ruhe stetig, so dass schon eine geringere Energiezufuhr zu einem Energieüberschuss führen kann. Das liegt daran, dass die „Aktivität“ der Muskulatur und die Stoffwechselleistung sinkt und so in Ruhe weniger Energie benötigt wird. An dieser Stelle beginnt mitunter ein Teufelskreis.
Verbesserter Fettstoffwechsel Dank optimaler Ernährung – erhöhter Ruheumsatz dank Trainingsintervention
Viele Strategien greifen viel zu kurz!
Immer wieder kommen Menschen zu uns und berichten, dass sie die Kohlenhydrate am Abend weglassen. Diese Strategie ist zu kurz gedacht, da es eben auf längere Zeiträume ankommt. Esse ich Abends wenig Kohlenhydrate (keine KH ist grundlegend nicht zu empfehlen und auch kaum umsetzbar), dafür jedoch Mittags und Morgens sehr viele, ist der Gesamtanteil über den Tag verteilt dennoch „hoch“. Trotzdem kann es sinnvoll sein sie abends stark zu minimieren.
Während der langen Nüchternphase bis zum morgen steigt der Anteil des Fettstoffwechsels. Folgen nach dem Abendessen keine größeren körperlichen Aktivitäten sondern das zu Bettgehen benötigt der Organismus auch keine Energie aus Kohlenhydraten – sprich der Zeitpunkt bietet sich an. Wer seine Ernährung anpassen oder optimieren möchte, muss alle Mahlzeiten einbeziehen und darf sich nicht auf einzelne Gerichte konzentrieren. Außerdem kann pauschal „Kohlenhydrate reduzieren“ auch nicht als „besonders vorteilhaft“ gesehen werden. Ist die Alltagsbelastung hoch bzw. stehen hohe Trainingsintensitäten auf dem Plan, sollten eben gerade Kohlenhydrate zugeführt werden. Sie sind ja nicht giftig, sondern eine wichtige Energiequelle.
Fazit:
Das Reduzieren des Körpergewichts kann im Radsport sehr sinnvoll sein. Allerdings dürfen Sie dabei nicht einfach die „Energiezufuhr“ drosseln! Gerade aus unseren Erfahrungen im Frauenradsport wissen wir, wie fatal der Satz „dann iss halt weniger“ wirken kann. Sinnlos ist das allemal! Stattdessen müssen Sie auf die Zusammensetzung Ihrer Ernährung achten. Große Intensitäten und harte Belastungen erfordern höhere Kohlenhydratanteile in Ihrer Nahrung wie lockere Grundlagenausfahrten.
Es geht eben bei der Ernährung darum den Bedarf und die Zusammensetzung abzustimmen – individuell auf die Belastung und die Anforderungen. Pauschale Vorgaben funktionieren in der Ernährung genau so wenig wie im Training. Hinzu kommt, dass gerade im Winter das eine oder andere zusätzliche Kilogramm nicht unbedingt schadet. Ihr Immunsystem und Ihre Regeneration werden es Ihnen Danken.
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