Unter Ausdauersportlern setzt man bereits seit langem auf eine fett-/eiweißbetonte Ernährungsweise zur Steigerung der Ausdauerleistungsfähigkeit. Höchste Zeit, den Nährstoff Fett von seinem schlechten Image zu befreien!
Fett – für Ausdauersportler unerlässlich:
Welche Fette sind eigentlich die richtigen?
Unter den Zivilisationskrankheiten nimmt die Anzahl der Erkrankungen an ernährungsbedingten Krankheiten immer weiter zu. Nicht zuletzt aus diesem Grund lag es nahe, die seit Jahrzehnten bestehenden Ernährungsempfehlungen in Deutschland neu zu überdenken. Die altbekannten Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zum Verhältnis der Makronährstoffe in unserer Ernährung bekamen Konkurrenz. Heutzutage gibt es verschiedene Ansätze, in denen das Nährstoffverhältnis zu Gunsten von Eiweiß und Fett in unserer täglichen Ernährung verschoben wurde. Was nun für wen optimal und der Gesundheit am zuträglichsten ist, wird in der Wissenschaft ohnehin kontrovers diskutiert.
Die Fett-Phobie
Keinem anderen Makronährstoff wurde in den letzten Jahrzehnten in dem Maße unrecht getan wie dem Nährstoff Fett. So konnte man regelrecht von einer Fett-Phobie sprechen, die für viele von uns schon selbstverständlich war. Fallen Ihnen auch überwiegend negative Effekte ein, wenn sie über Fett nachdenken? Traurig genug, wenn man bedenkt, dass Fett einen essentiellen Nährstoff darstellt, ohne den wir nicht leben können. Erst seit ein paar Jahren werden Stimmen laut, die sich dem Nährstoff mit neuen Aspekten nähern und ihm positive Effekte zusprechen. Und nicht nur das – sie befreien ihn vom dauerhaften Image des Bösen. Wünschenswert wäre es – für Ihre Gesundheit!(1)
Nährstoffbezogene Ernährungsempfehlungen
Die frühesten nährstoffbezogenen Ernährungsempfehlungen stammen vermutlich vom niederländischen Physiologen und Arzt Jakob Moleschott. 1859 beschreibt er erstmals die Ernährungsweise einzelner Männer mit anstrengenden Tätigkeiten und veröffentlicht dies. Moleschott kam auf einen Energiebedarf von 2.918 kcal tägl. mit einem Nährstoffverhältnis von 59 % Kohlenhydraten, 26 % Fetten und 18 % Eiweißen. Auch andere Wissenschaftler beschrieben die Ernährungsweisen hart arbeitender Männer, wobei es sich hier ausschließlich um Bestandsaufnahmen handelte. Erstmals beschäftigte man sich im Zuge der kriegerischen Zeiten Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem minimalen Nahrungsbedarf für die Truppenverpflegung. Alle in dieser Zeit entstandenen Vorgaben bezogen sich auf den Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit von hart arbeitenden Menschen und wiesen einen Fettanteil in der Ernährung von ca. 17 % bis maximal 33 % auf. 55–58 % sollten auf Kohlenhydrate entfallen und 13–18 % auf Eiweiß.
Diese Vorgaben wurden mit der Zeit als Empfehlungen für die Alltagskost aller gesunden Menschen verstanden und blieben in Deutschland fast ein halbes Jahrhundert lang bestehen. In den Zeiten des zweiten Weltkriegs galt es trotz knapper Kost die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung zu erhalten. Hierbei waren Kohlenhydrate ein wertvoller, nutzbringender Rohstoff. Nach dem Krieg jedoch, in den Zeiten des Aufschwungs, veränderte sich der Lebensstil der Bevölkerung. Lebensmittel waren nicht mehr knapp, industriell hergestellte und verarbeitete Lebensmittel wie Fertigprodukte und Süßwaren eroberten den Markt. Die Menschen mussten weniger körperlich hart arbeiten und die Infrastruktur in Deutschland wurde ausgebaut. Alles veränderte sich, nur die Ernährungsempfehlungen nicht. Deutschland verzeichnet bis heute einen stetigen Anstieg von ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten.(1)
Fett im Wandel der Zeit
Die Fett-Phobie der letzten 30 Jahre schwappte von den USA nach Deutschland herüber. Man bemerke: Eine konkrete Fettempfehlung tauchte dort erstmals 1974 auf und wurde von der American Heart Association (AHA) formuliert. Zuvor führte der stetige Anstieg von Herzinfarkten in der amerikanischen Bevölkerung und nicht zuletzt des damaligen Präsidenten Dwight D. Eisenhower dazu, nach den Ursachen dieses „Killers“ zu forschen. Aus seinen Stoffwechselstudien schloss der Biochemiker Ancel Keys, dass die Fette der Nahrung zu Herzinfarkt führten. Ohne Belege für einen Nutzen forderte er, die Amerikaner sollten ihren täglichen Fettverbrauch zum Schutz ihrer Gesundheit auf 30 % der tägl. kcal senken. In späteren Jahren, in denen vereinzelte Wissenschaftler mit ihren Studien das Gegenteil beweisen konnten, kamen sie nicht mehr gegen die Fettpolitik an.
Zusammenhang? Fett und Herz-Kreislauferkrankungen
Wer kennt sie nicht: Die Einteilung in „gute“ Fette und „schlechte“ Fette. Vor allem die gesättigten Fettsäuren bewertete man über Jahre hinweg negativ. Sie wurden bei hohem Verzehr für schlechte Blutfettwerte verantwortlich gemacht. Da das eine Fehleinschätzung ist, musste auch die DGE in ihrer Fettleitlinie von 2006 einlenken. Die 3 gesättigten Fettsäuren, Laurin-, Myristin- und Palmitinsäure, die einen Einfl uss auf den Cholesterinspiegel haben, erhöhen nicht nur das vermeintlich schlechte LDL-Cholesterin sondern steigern auch das gute HDL-Cholesterin und senken die Triglyceride (Blutfette). Ein aussagekräftigerer Parameter als das LDL-Cholesterin als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist ohnehin das Verhältnis von Triglyceriden zum HDL-Cholesterin.
Typisch für Millionen Menschen mit Übergewicht und Bewegungsmangel sind zu hohe Triglyceride bei zu niedrigem HDL-Cholesterin. LDL-Cholesterin ist per se nicht schlecht. Festzuhalten ist: Menschen, die besonders viele gesättigte Fettsäuren essen, haben kein verändertes Risiko für Herz- oder Hirninfarkte gegenüber Menschen mit einem geringen Verzehr. Zu diesem Ergebnis kam – bis auf ganz wenige Ausnahmen – die Mehrzahl von Langzeitbeobachtungsstudien. Fette, zu denen die Datenlage aussagekräftiger und einheitlicher ist, sind die Omega-3- und die Transfettsäuren. Die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA, die in Makrelen, Lachs, Hering und Sardinen am meisten vorkommen, liefern eine überzeugende Datenlage für einen Schutzeffekt von Herz und Gefäßen. Demgegenüber sind die Transfettsäuren als Gesundheitsrisiko zu bewerten. Transfettsäuren entstehen bei der industriellen Teilhärtung, wenn flüssige Öle zur Produktion von Streich-, Back- und Kochfetten verfestigt werden. Sie sind die wirklichen Übeltäter.
Was sind eigentlich Fette?
Fette werden dem Körper über die Nahrung in Form von Triglyceriden zugeführt. Einige der Fettsäuren können vom Organismus selbst gebildet werden. Es existieren jedoch auch solche, die für den Körper essentiell (lebensnotwendig) sind und die über die Nahrung zugeführt werden müssen. Je nach dem Vorhandensein von chemischen Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen unterscheidet man zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren. Die Existenz einer oder mehrerer Doppelbindungen und die Lokalisation der ersten Doppelbindung ist entscheidend für die Qualität und Bedeutung des Fetts. Gesättigte Fettsäuren werden meist in großen Mengen über die Nahrung aufgenommen. Sie sind jedoch nicht essentiell, das heißt der Organismus ist in der Lage, sie selbst aufzubauen.
Lebensmittel tierischer Herkunft wie zum Beispiel Sahne, Schweineschmalz, Fleisch oder Wurstwaren sind reich an gesättigten Fettsäuren. Die ungesättigten Fettsäuren werden noch einmal in einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren unterteilt. Ungesättigte Fettsäuren werden ebenfalls über die Nahrung aufgenommen, wobei die einfach ungesättigten Fettsäuren auch aus gesättigten Fettsäuren vom Organismus gebildet werden können. Ein Beispiel für eine einfach ungesättigte Fettsäure ist die Ölsäure. Oliven- und Rapsöl sind reich an einfach ungesättigten Fettsäuren. Zu den essentiellen Fettsäuren zählen die Omega-6- und die Omega-3-Fettsäuren.
Die Ernährung sollte an Dein Training angepasst werden!
Sie als Ausdauersportler können von Ihrer Ernährungsweise profitieren, wenn Sie sie an Ihr Training und die damit verbundenen unterschiedlichen physiologischen Vorgänge anpassen. So ist die kohlenhydratbetonte vollwertige Mischkost für Sie per se kein Tabu. Sie sollte jedoch taktisch wohl platziert eingesetzt werden. Bezüglich der 3 Hauptnährstoffe nehmen die Kohlenhydrate einen besonderen Stellenwert in der Sporternährung ein. Nicht umsonst werden sie als Treibstoff für unseren Organismus bezeichnet. Sie werden schnell verdaut und in den Körper aufgenommen. Außerdem liefern sie mehr Energie pro Zeiteinheit als Fette und sind somit die primäre Energiequelle für sämtliche intensive körperliche Belastungen.
Das bedeutet, wer körperlich intensive Arbeit verrichtet und dafür viel Energie benötigt, braucht Treibstoff in Form von Kohlenhydraten, um diese Arbeit aufrechtzuerhalten. Besonders im Bereich von Ausdauersportarten spielt die optimale Versorgung mit Kohlenhydraten gerade in der direkten Wettkampfvorbereitung und an Wettkampftagen eine große Rolle: zum einen, um Ihre Glykogenspeicher während der direkten Wettkampfvorbereitung in der Muskulatur und in der Leber zu füllen; zum anderen, um Ihrem Organismus während des Wettkampfs ausreichend und schnell Energie zur Verfügung zu stellen und die Speicher zu schonen. Aber auch im Trainingsalltag sind sie ein wertvoller Nährstoff – vorausgesetzt es stehen intensive Belastungen auf dem Programm.(3)
Wertvoller Nutzen zwischen Ausdauersport und Fett
Als Basiskost und im Trainingsalltag während extensiven Belastungen empfi ehlt sich ganz klar die fett-/eiweißbetonte Ernährungsweise. Das gilt vor allem für die verschiedenen Ausdauersportarten wie Triathlon, Radsport und Laufen. Denn während der hier dominierenden extensiven Belastungen reichen die Fette für die Energiebereitstellung vollkommen aus. Dazu kommt, dass Ihre Fettspeicher nahezu unbegrenzt Energie liefern können. Im Ausdauersport gilt zudem: Je besser der Fettstoffwechsel trainiert ist, desto besser ist das Ausdauerleistungsvermögen bei Belastungen ab 30–45 Minuten Dauer. Dies ist folgendermaßen zu verstehen: Während Langzeitausdauerbelastungen wird die Energie im Organismus auf aerobem Wege, das heißt unter der Verwendung von Sauerstoff, bereitgestellt. Dazu kann der Organismus Fett oder auch Kohlenhydrate als Energieträger verstoffwechseln.
Der Vorteil der Fette gegenüber den Kohlenhydraten ist, sie können im Organismus fast unbegrenzt gespeichert werden. Die Kohlenhydratspeicher in Muskulatur und Leber hingegen sind begrenzt. Je besser Ihr Fettstoffwechsel nun trainiert ist, desto länger kann ihr Organismus die Kohlenhydratspeicher schonen und desto länger werden Sie in der Lage sein, Ihre Arbeit aufrechtzuerhalten. Wenn Sie Ihre Ausdauerleistungsfähigkeit also optimieren wollen, muss Ihr Ziel darin liegen, Ihren Fettstoffwechsel optimal zu trainieren. Kohlenhydratknappheit ist also der notwendige Trainingsreiz, damit der Stoffwechsel verstärkt Fette als Energiequelle nutzt. Ihre Muskeln werden im Laufe der Zeit ihr System der Fettverbrennung mit allen dazugehörigen Enzymen optimieren. Dies mündet in der Fähigkeit, auch immer höhere Belastungsintensitäten noch durch Fettverbrennung abdecken zu können. Athleten sind selten im Stande, die benötigten Mengen an Kohlenhydraten während der Belastung komplett aufzunehmen. Die böse Überraschung erleben „Kohlenhydratfanatiker“ dann meistens im Wettkampf. Ausschließlich auf Kohlenhydratverbrennung getrimmt, vermindert sich die Leistung schlagartig mit dem Eintreten geringer Kohlenhydratverfügbarkeit. Ein trainierter Fettstoffwechsel wird sich also im Wettkampf auszahlen!(3)
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Literatur:
- Gunder & Worm (2011): Mehr Fett – Warum wir mehr Fett brauchen um gesund und schlank zu sein. Lünen: Systemed Verlag
- Opoku-Afari, Worm & Lemberger (2009): Mehr vom Sport! Low-Carb und LOGI in der Sporternährung. Lünen: Systemed Verlag
- Sandig & Jochum (2010): Praxishandbuch Ernährung – So essen Sie sich fi t. Bonn: Orgenda Sportfachverlag PPE
Fachsprache:
- Cholesterin – auch als Cholesterol bekannt, ist in tierischen Nahrungsmitteln enthalten. Es wird vom menschlichen Organismus benötigt, kann von ihm in der Leber synthetisiert werden und übernimmt zahlreiche wichtige Funktionen. Man unterscheidet zwischen HDL-Cholesterin und LDL-Cholesterin.
- EPA – Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure (C20:5 ω-3); wichtiger Bestandteil der Zellmembranen, beeinfl usst Gerinnungs-, Entzündungs- und Immunfunktionen.
- DHA – Omega-3-Fettsäure (C22:6 ω-3) siehe EPA; DHA kommt zusätzlich im Nervengewebe und in der Augennetzhaut vor.
An diesem Beitrag sieht man, dass die Ernährungswissenschaft leider immer noch nicht auf dem finalen Stand ist. Fette werden leider viel zu sehr verteufelt, ohne den Unterschied zwischen „guten“ und „schlechten“ Fetten zu ziehen. Das verteufeln von Fetten in den Medien oder „Ernährungsprofis“ trägt leider immer mehr bei, dass sich die Menschen nicht selber um ihr Ernährung kümmern, wer aber sportlichen Erfolg will, ob beim Radsport oder jeden anderen Sport, darf seine Ernährung nicht vernachlässigen.