Mehrtägige Etappenrennen wie zum Beispiel die Tour Transalp zählen zu den härtesten Rennen im Jedermann-Radsport. Eine Woche lang sind täglich rund 120 Kilometer mit durchschnittlich 2.500 Höhenmetern zu bewältigen. Das stellt Hobbyradfahrer vor eine ungewohnte Herausforderung.
Anders als bei den Profis haben vermutlich die wenigsten Hobbyradfahrer und Breitensportler schon einmal an einer mehrtägigen Rundfahrt teilgenommen. Ob German Cycling Cup, Ötztaler oder Cyclassics – wenn der Rennradsport ambitioniert betrieben wird, dann stehen bei Breitensportlern in der Regel Tagesveranstaltungen auf dem Programm.
Bei der Tour Transalp ist man dagegen mehrere Tage in Folge im Einsatz. Umso mehr kommt es auf das richtige Pacing und eine optimale Ernährungsstrategie an. „Beim Ötztaler ist ein Radfahrer bis zu 10 Stunden und länger unterwegs. Über diesen Zeitraum kann man sich auch mal ausschließlich mit Gels und Riegeln verpflegen. Bei einem mehrtägigen Radrennen ist die Ernährungsstrategie dagegen etwas komplexer“, sagt Radsport-Experte Björn Geesmann von STAPS.
„Bei der Tour Transalp sollte man nicht nur auf Gels setzen, sondern auch normale Nahrung in die Versorgungsstrategie einbinden“, rät Geesmann. „Bei einer Tagesveranstaltung kann man sich verausgaben und nach der Ziellinie umfallen. Bei der Tour Transalp geht es gleich am nächsten Morgen weiter. Entsprechend sollte man sich seine Kräfte gut einteilen.“
Je nach persönlicher Zielsetzung solltest du dein Renntempo abstimmen. Wer bei der Tour Transalp auf Ergebnis oder sogar auf Sieg mitfahren will, der muss wohl oder übel bei der Spitzengruppe vorne mithalten. Für die meisten Fahrer geht es aber eher ums Ankommen. Hier kommt es auf das richtige Pacing an, also mit welcher Intensität du unterwegs bist.
Im Idealfall nutzt du fürs Pacing einen Leistungsmesser. Dann kannst du im Vorfeld mittels Leistungsdiagnostik oder Critical-Powertest deine Leistungsfähigkeit ermitteln und deine Leistung für den Wettkampf zielgerichtet bestimmen. Björn Geesmann empfiehlt Hobbyfahrern eine Dauer-Leistung im Bereich von 70 Prozent ihrer funktionellen Leistungsschwelle (FTP), was in etwa dem Übergang vom Grundlagenausdauerbereich 1 auf 2 entspricht (G1/G2).
Unter FTP versteht man die maximale Leistung, die ein Radfahrer über eine Stunden aufrechterhalten kann. Die FTP liegt etwa im Bereich der individuellen anaeroben Schwelle und gilt als Orientierungswert zur Ermittlung der eigenen Trainingsbereiche.
An harten Anstiegen kannst und musst du sicher auch mal den anvisierten Leistungsbereich verlassen, aber dauerhaft ist das nicht sinnvoll, wenn du energetische Engpässe und damit ein Überpacen vermeiden willst. Im Übergangsbereich von G1 zu G2 hält sich der Kohlenhydratverbrauch in Grenzen. Entsprechend braucht man auch nicht ganz so akribisch auf die Kohlenhydratzufuhr im Rennen zu achten.
Viel wichtiger ist es, die Energieverfügbarkeit grundsätzlich im Blick zu haben. Die optimale Ernährungsstrategie beginnt bereits ein paar Tage vor dem Start. Jetzt gilt es ein moderates Carboloading zu betreiben, damit die Kohlenhydratspeicher zum Start gut gefüllt sind.
Ein sinnvolles Carboloading meint allerdings nicht, dass man am Vorabend zur Pastaparty rennt und sich mit Nudeln vollstopft; sondern, dass man über einen Zeitraum von zwei bis drei Tagen die Kohlenhydratzufuhr bei jeder Mahlzeit leicht anhebt. Idealerweise setzt du dabei aber nicht ausschließlich auf leere Kohlenhydrate wie Teigwaren, Süßspeisen oder Reis, sondern achtest insgesamt auf eine gute Nährstoffversorgung.
Kartoffeln, Obst und Gemüse sind gute Kohlenhydratquellen. Gleichzeitig liefern diese natürlichen Produkte eine Vielzahl an Vitaminen, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe. Außerdem gehören gesunde Fette und ausreichend Proteine auf den Teller, damit der Körper sein ganzes Leistungsvermögen auch abrufen kann.
Carboloading am Vortrag reicht aber nicht aus, um die Energieversorgung über einen längeren Zeitraum im Rennen aufrecht zu erhalten. Das Frühstück vor dem Wettkampf sollte ebenfalls Kohlenhydrate liefern, aber auch leicht verdaulich sein, um den Verdauungstrakt nicht zu sehr zu belasten.
Wenn es sich einrichten lässt, dann solltest du etwa zwei bis drei Stunden vor dem Start frühstücken, damit die Verdauung abgeschlossen ist und der Insulinspiegel sich wieder beruhigen konnte, bevor es losgeht. So vorbereitet gehst du mit gut gefüllten Glykogenspeichern ins Rennen.
Vor allem auf der ersten Etappe solltest du dich aber etwas bremsen. Zu Beginn sind alle Starter noch fit und fühlen sich gut. Das führt häufig dazu, dass sich einige gehörig übernehmen. Davon sollte man sich aber nicht mitreißen lassen, sondern lieber auf den eigenen Körper hören. Viele Mitbewerber sammelt man dann auf den späteren Etappen wieder ein.
Sofern du das richtige Pacing für dich gefunden hast, kannst du die verbrauchte Energie unterwegs wieder auffüllen. Unter Belastung kann der Körper aber nur eine begrenzte Menge an Kohlenhydraten aufnehmen. Fährst du zu hart an, steigt der Kohlenhydratverbrauch und die Speicher leeren sich.
Das Aufnahmevermögen von Kohlenhydraten unter Belastung ist begrenzt, weil die Transportwege vom Darm ins Blut limitiert sind. Als Richtwert kannst du mit 60-80 Gramm Kohlenhydraten pro Stunden rechnen. Viel mehr kann dein Körper nicht resorbieren. Nimmst du trotzdem deutlich mehr Kohlenhydrate zu dir, kann das zu Magen-Darm-Problemen führen.
„Man sollte die Verpflegung bei der Tour Transalp so planen, dass man etwa Zweidrittel der nötigen Energie unterwegs mit Gels und Riegeln zuführt. Ich würde da etwa 40-50 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde empfehlen. Den Rest der nötigen Energie würde ich über normale Nahrung zuführen“, sagt Geesmann.
Eine Woche lang nur süße Gels zu sich zu nehmen, könne auf Dauer sehr eintönig werden. Deshalb rät Geesmann zu Abwechslung bei der Wahl der Riegel. Es gebe beispielsweise auch salzige Riegel als geschmackliche Alternative, so der Radsport-Experte.
Bereits ab 90 Prozent deiner FTP verbrauchst du etwa zwei- bis dreimal so viele Kohlenhydrate wie im Übergangsbereich von G1 zu G2. Dauert die Belastung länger als 2-3 Stunden, dann kommt man mit dem Auffüllen kaum noch nach. Da ist es sinnvoller, das eigene Tempo etwas nach unten zu korrigieren, ansonsten werden die folgenden Tage hart.
Ohnehin muss man schon früh an den nächsten Tag denken. Schnell verfügbare Proteine nach der Belastung können die Regeneration beschleunigen. „Profis trinken noch im Ziel einen Regenerationsdrink, der sofort Kohlenhydrate und Aminosäuren liefert“, sagt Geesmann. „Das macht natürlich auch im Hobbyradsport Sinn, allerdings muss man sich dann so organisieren, dass man den Regenerationsdrink innerhalb der ersten halben Stunden nach Zielankunft einnehmen kann.“
Tipp: Du kannst in deinem Zielbeutel eine Flasche mit Recorvery-Pulver deponieren, welches du dann direkt nach der Ankunft nur mit Wasser zu mischen brauchst. Ideal ist ein Regenerationsdrink auf Molkeneiweißbasis (Whey-Protein).
Grundsätzlich kommt es bei einem mehrtägigen Radrennen wie der Tour Transalp darauf an, sich konstant mit Energie zu versorgen. „Es gilt zu vermeiden, dass man ein zu großes Kaloriendefizit anhäuft, das bekommt man ansonsten auf den letzten Etappen zu spüren, weil dann die Leistung absackt“, so Geesmann. Dazu gehöre rein reichhaltiges Frühstück genauso wie ein ausgewogenes Abendessen.
Ein weiterer Punkt, den es zu beachten gilt, ist der Flüssigkeitshaushalt. Geesmann empfiehlt: „Du solltest immer eine Flasche mit Wasser und eine mit Isogetränk dabei haben. Die erste Stunde nach dem Frühstück kann man auch mal ohne Flüssigkeitszufuhr fahren, sodass man mit zwei Flaschen relativ weit kommt.“
Nach dem Rennen ist es ratsam, den Flüssigkeitshaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Ein Indikator für deinen Flüssigkeitsbedarf ist die Farbe deines Urins. Ist der Urin dunkel gelb, dann solltest du einen halben Liter isotonische Flüssigkeit trinken. Wird die Farbe des Urins heller, bist du wieder gut hydratisiert.
Grundsätzlich ist Durst ein Signal des Körpers, dass er Wasser braucht. Bei gemäßigten Temperaturen kann man sich an seinem Durstgefühl orientieren, an heißen Tagen ist Durst dagegen ein schlechter Ratgeber. Geesmann: „ Wenn es heiß ist, dann darf man ruhig 300 bis 400ml Flüssigkeit pro Stunden aufnehmen.“
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Sehr cool geschrieben.
Im Oktober fahre ich z.B. von Dortmund nach Österreich (Salzburger Land). Das habe ich vor ein paar Jahren mit einem kleinen Team schon einmal versucht, doch durch Verletzungspech mussten wir ab Würzburg bis St.Johann mit dem Zug fahren :/
Dafür ist dieses Mal alles noch besser geplant und die Etappen zum Auffüllen der Energiereserven sind hoffentlich optimal gelegt 🙂
Ich werde das ganze auch per Videos auf http://fitness-bikes.net/ festhalten.
Das wird ein Spaß 🙂
Besten Gruß