Satire-Warnhinweis (bitte vor dem Losfahren lesen):

Was du gleich liest, ist absichtlich ironisch, provokant und maßlos überzeichnet. Das ist kein „Fahrrad-Bashing“, sondern ein satirischer Spiegel für eine Denkweise, in der Umsatz und die Wirtschaft mit Wohlstand verwechselt wird und ein Stau als Konjunkturprogramm gilt. Kurz: Lies es mit einem lachenden und einem weinenden Auge – und wenn du zwischendurch denkst „Das kann doch nicht ernst gemeint sein“, dann bist du exakt im richtigen Gang.


Teaser: Ein Banker erklärt, das Fahrrad und die Radfahrer seien ein Desaster für die Wirtschaft: keine Autos, keine Kredite, keine Versicherungen, kein Benzin, kaum Unfälle – und dann werden die Leute auch noch gesund. Schrecklich. Zeit, diese „Argumentation“ auf die Kette zu legen, kräftig zu ölen und mit ironischem Rückenwind durchzudeklinieren.


Es gibt diese Sätze, die klingen so herrlich empört, dass du automatisch annimmst, sie müssten aus einer Vorstandsetage stammen – oder aus der Kommentarspalte einer Lokalzeitung, in der „Früher war alles besser“ traditionell als Begrüßung gilt.

Einer davon lautet sinngemäß: „Das Fahrrad ist der langsame Tod des Planeten.“
Nicht, weil es CO₂ ausstößt wie ein Vulkan auf Energy-Drink. Sondern weil es – Achtung, festhalten – die Wirtschaft ruiniert.

Der Gedankengang (angeblich von einem Banker) ist ungefähr so:

Ein Radfahrer kauft kein Auto, nimmt keinen Kredit dafür auf, benötigt weniger Versicherungen, kein Benzin, keine TÜV-Prüfung, kaum teure Reparaturen, keine Maut, weniger Parkgebühren, verursacht selten die ganz großen Unfälle, braucht keine zehnspurigen Autobahnen und wird obendrein nicht fettleibig. Gesunde Menschen wiederum sind für die Wirtschaft „nutzlos“, weil sie kaum Medikamente kaufen und keine Krankenhäuser füllen. Im Gegensatz dazu schaffe jede neue Fast-Food-Filiale massenhaft Jobs – direkt und indirekt (Kardiologie, Zahnmedizin, Ernährungsberatung, Seelsorge).

Fahrrad oder McDonald’s? Ein Gedanke wert.
PS: Zu Fuß gehen sei noch schlimmer.

Und weißt du was? Dieser Text ist so schön überspitzt, dass er fast schon wieder wahr wird. Nicht inhaltlich – sondern als Diagnose: Wir haben ein Messproblem.


Willkommen im BIP:
Wo jeder Stau ein Konjunkturpaket ist

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist ein wenig wie ein Fahrradcomputer aus den 90ern: Es zeigt etwas an, aber nicht unbedingt das, was du eigentlich wissen willst. Es misst in erster Linie, wie viel Geld bewegt wird. Und wenn Geld bewegt wird, ist das im BIP ungefähr so beliebt wie Rückenwind in der Eifel.

Heißt:

  • Wenn ein Auto kaputtgeht und teuer repariert wird: BIP sagt „Nice!“
  • Wenn jemand krank ist und behandelt wird: BIP sagt „Stabil!“
  • Wenn wir einen Stau produzieren, in dem Sprit verbrannt wird: BIP sagt „Weiter so!“
  • Wenn jemand gesund bleibt, weil er radelt: BIP sagt „Und was soll ich damit jetzt anfangen?“

Das ist kein Bug, das ist ein Feature. Das BIP ist eben nicht „Wohlstand“, sondern eher „Umsatz“. Ein Kassenbon-Orakel.

Und jetzt stell dir vor, wir würden das konsequent weiterdenken:
Der perfekte Bürger für das BIP wäre jemand, der morgens mit dem SUV 400 Meter zum Bäcker fährt, dabei zwei Außenspiegel touchiert, anschließend mit einem erhöhten Cholesterinwert ins Wartezimmer rollt und abends „zur Belohnung“ noch einen Burger kauft, weil Selbstfürsorge wichtig ist.

Radfahrer hingegen? Schlimm. Die rollen einfach los, werden fitter und kosten dem System die schöne Verwertbarkeit.


Der Banker hat recht – wenn man Wirtschaft
mit „Konsum um jeden Preis“ verwechselt

Der Banker-Satz ist so provokant, weil er einen wahren Kern hat: Wenn dein Wirtschaftsmodell davon lebt, dass Menschen dauerhaft kaputtgehen, dann ist Prävention tatsächlich schlecht fürs Geschäft.

Das ist, als würde ein Regenschirmhersteller sagen:
„Sonne ist der langsame Tod unseres Unternehmens.“
Stimmt mehr oder weniger – nur ist die Schlussfolgerung „Wir benötigen mehr Regen“ gesellschaftlich eher… nennen wir es: ambitioniert.

Die Pointe an der Banker-Logik ist aber: Sie tut so, als ob Radfahrer nichts konsumieren. Und da muss ich als jemand, der schon mal in einem Radladen war, kurz lachen – und zwar so lange, bis die Radbrille beschlägt.


Der Radfahrer:
Ein Konsumwesen auf zwei Rädern (nur anders)

„Ein Radfahrer kauft kein Auto.“

Ja. Aber er kauft:

  • ein Fahrrad
  • ein zweites Fahrrad „für schlechtes Wetter“
  • ein drittes Fahrrad „für Gravel“
  • einen Satz Laufräder, der so leicht ist, dass er beim Auspacken fast in die Stratosphäre aufsteigt
  • Radschuhe, die klackern wie kleine Ökonomen auf Marmorboden
  • Bekleidung, die in der Summe teurer ist als die Einrichtung eines mittelgroßen Start-ups
  • GPS-Computer, Wattmesssysteme, Lichtanlagen, Schlösser, Taschen, Pumpen, Multitools
  • und irgendwo zwischen „Benötige ich wirklich Keramiklager?“ und „Das ist eine Investition in Effizienz“ wird dann auch ganz selbstverständlich die Kreditkarte gezückt

Kurz: Radfahrer zerstören nicht die Wirtschaft. Sie haben sie nur von „Tankstelle + Parkhaus“ auf „Fachhandel + Café + Technikspielzeug“ umgestellt.

Und dann kommt noch der Tourismuseffekt: Wer Rad fährt, fährt oft auch woanders Rad. Mit Übernachtung. Mit Kuchen. Mit „Wir benötigen dringend noch ein Souvenir, auf dem irgendwas mit Rad steht“.

Wenn der Banker also meint, Radfahrer seien ökonomisch irrelevant, sollte er mal an einem Samstagvormittag in der Nähe einer beliebten Rennradstrecke stehen. Du wirst dort mehr Kaufkraft sehen als in mancher Innenstadt – nur eben in Lycra und mit ziemlich guten Waden.


Jobs, Jobs, Jobs:
Auch Fahrrad macht Arbeit (nur ohne Fritteusenduft)

Das Argument „Fast-Food schafft Arbeitsplätze“ stimmt. Natürlich. Aber das Gegenargument lautet nicht: „Dann schließen wir alles außer Salatbars.“

Sondern: Radverkehr schafft ebenfalls Arbeitsplätze – nur mit anderen Berufsprofilen:

  • Mechanikerinnen und Mechaniker, Zweiradmechatronik
  • Händler, Hersteller, Zulieferer
  • Planerinnen, Bauunternehmen, Infrastruktur, Beschilderung
  • Tourismus, Hotels, Gastronomie
  • Bike-Fitting, Sportwissenschaft, Coaching
  • Veranstaltungen, Vereine, Medien (hallo!), Fotografie, Content, Guides

Der Unterschied ist: Beim Radfahren entstehen Jobs eher dort, wo Menschen etwas machen wollen, nicht dort, wo Menschen etwas kompensieren müssen.

Oder zugespitzt:
Fast Food kann Beschäftigung schaffen, weil es Folgeprobleme produziert.
Radfahren schafft Beschäftigung, weil es Freude erzeugt – und manchmal auch eine Rechnung für neue Reifen.

Beides ist Wirtschaft. Nur eines davon fühlt sich im Körper an wie ein Bergabstück bei Rückenwind.


Die große Angst:
Was, wenn alle gesund wären?

Hier wird’s besonders absurd – und besonders entlarvend.
„Gesunde Menschen sind nutzlos, weil sie keine Medikamente kaufen“ ist als Satz so zynisch, dass er eigentlich sofort eine Triggerwarnung und einen Thermomix-Gutschein bekommen müsste.

Natürlich benötigt jede Volkswirtschaft Gesundheitsversorgung. Aber:

  • Krankheit kostet nicht nur Geld, sie kostet auch Lebenszeit, Produktivität, Lebensqualität, Pflegeaufwand, Angehörigenkraft.
  • Prävention ist nicht „wirtschaftsfeindlich“, sie ist „später weniger teuer“.
  • Und auch wenn das BIP kurzfristig weniger klingelt: Gesellschaftlich ist es ein Gewinn, wenn Menschen weniger leiden.

Die Banker-Logik klingt nur dann „klug“, wenn man den Menschen auf seine Funktion als wandelnder Kassenbon reduziert. Und ehrlich: Wenn das die Messlatte ist, ist selbst ein Parkautomat ein Vorbild an Menschlichkeit.


Der Kompromiss für alle:
Das E‑Bike rettet den Kapitalismus

Jetzt kommt die gute Nachricht für alle, die nachts wachliegen und sich fragen: „Was, wenn Radfahren wirklich die Wirtschaft ruiniert?“

Keine Sorge. Wir haben das E‑Bike.

Denn das E‑Bike ist ökonomisch gesehen ein wahrer Sechser im Lotto, wenn das Lotto aus Akkus besteht:

  • hoher Anschaffungspreis
  • regelmäßige Wartung
  • Verschleißteile
  • Software-Updates
  • Ersatzakku (weil Angst)
  • Versicherungen (ja, doch!)
  • Zubehör, das man „aus Sicherheitsgründen“ benötigt

Es ist praktisch der Deal:
Gesundheit und Mobilität – aber bitte mit Rechnung.

Der Banker würde es lieben. Vermutlich würde er ein Leasingmodell vorschlagen, bei dem man pro Höhenmeter eine kleine Servicegebühr zahlt. „Das stärkt die Wertschöpfungskette.“


Und was ist mit zu Fuß gehen?

„Zu Fuß gehen ist noch schlimmer – Fußgänger kaufen nicht mal ein Fahrrad.“

Das ist der Moment, in dem die Ironie endgültig auf dem Gepäckträger sitzt und winkt. Wenn wir wirklich behaupten, dass Bewegung schlecht sei, weil sie keine Konsumkaskaden auslöst, dann ist der logisch nächste Schritt:

  • Treppen abschaffen, weil sie orthopädische Jobs gefährden
  • Wassertrinken verbieten, weil es zu billig ist
  • Schlaf reduzieren, weil wache Menschen mehr kaufen

Und spätestens hier merken selbst Menschen, die noch nie eine Kette gereinigt haben: Das ist Satire. (Und falls es keine Satire ist, ist es ein Fall für sehr viele Fachärzte – was, zugegeben, das BIP wieder freut.)


Fazit: Das Fahrrad ist nicht der Tod des Planeten – sondern der Tod einer schlechten Idee von „Wirtschaft“

Wenn man „Wirtschaft“ als Maschine versteht, die nur dann läuft, wenn Menschen krank, gestresst und abhängig sind, dann ist Radfahren tatsächlich gefährlich.

Wenn man Wirtschaft aber als System versteht, das gutes Leben ermöglicht, dann ist Radfahren kein Problem – sondern Teil der Lösung:

  • weniger Lärm
  • weniger Stau
  • weniger Platzverbrauch
  • mehr Gesundheit
  • mehr Lebensqualität
  • und ja: auch Geldflüsse – nur eben auf andere Art verteilt

Vielleicht ist das Fahrrad also nicht der langsame Tod des Planeten.
Vielleicht ist es der langsame Tod einer Vorstellung, dass Fortschritt immer nach Benzin riechen muss.

Und wenn jetzt jemand fragt: „Ja, aber was ist mit dem BIP?“
Dann antwortest du bitte freundlich:

„Keine Sorge. Ich fahre gleich noch ins Café. Mit Kuchen. Für die Konjunktur.“