Statistisch gesehen trainiert ein Radprofi jährlich zwischen 1.000 und 1.350 Stunden und fährt zwischen 80 und 150 Rennen.

In seiner Karriere kommt er durchschnittlich auf 400.000 bis 600.000 Kilometer. Sein Herz wiegt mit 500 Gramm 200 Gramm mehr als das Herz eines normalen Menschen.

Pro Herzschlag pumpt es 150 Milliliter Blut durch die Arterien, fast doppelt so viel wie ein normales Herz.

Profis können eine Stunde lang eine Dauerleistung zwischen 400 und 450 Watt bringen, normale gesunde Menschen gleichen Alters nur 170 Watt.»

Quelle: Achim Schmidt, DSHS Köln

Zahlen, Daten und Fakten eines Radprofis

Wow. Wenn ich solche Radprofi-Zahlen lese, dann kann ich nicht anders, ich bin beeindruckt.

Bei aller Diskussion die es leider viel zu oft im Radsport gibt, vergisst man gerne mal, wie viel Disziplin, harte Arbeit und Aufopferung über Jahre nötig sind, um als Radprofi in der Weltspitze mitfahren zu können.

Im Schnitt verbringt ein Radprofi rund 1.000 bis 1.350 Stunden im Sattel. Wie viel Sattelzeit habt ihr so?

Ein kurzer Blick in meine Statistik: Bei mir waren es seit Januar 333 Stunden; hochgerechnet aufs ganze Jahr werde ich wohl auf 500 Stunden kommen.

Das ist für einen Hobbytriathleten/-radfahrer sicher ganz okay, aber nicht mal die Hälfte von dem, was ein Radprofi so abspult. Von der Lebenskilometerleistung will ich hier gar nicht erst anfangen…

Und auch die durchschnittliche Leistungsfähigkeit eines Radprofis liegt bei zirka 400-450 Watt an der FTP. Wahnsinn. Auch das sind Werte, von denen ein Hobbysportler nur träumen kann.

Profitriathleten kommen sicher auf ähnliche Werte bezogen auf alle drei Disziplinen.

Rennrad Leistungsprofil im Training
© Stefan Schurr – stock.adobe.com

Vielleicht fragst du dich, warum ich diese Radprofi-Zahlen heute gepostet habe?

Ganz einfach. Ich habe in meiner Zeit als Triathlon-Coach schon oft erlebt, dass sich Athleten gerne mit Pros vergleichen und teilweise deren Trainingsmethoden bzw. deren Trainingsprogramme unreflektiert übernehmen.

Frei nach dem Motto: Wenn das einen Pro schneller macht, kann mir das sicher nicht schaden.

Dabei vergisst man gerne mal…

…dass ein Pro nicht jede Woche 40 Stunden plus im Büro verbringt, sondern neben dem Training ausreichend Zeit für regenerative Maßnahmen hat.

…dass ein Pro der Sport schon seit vielen Jahren betreibt und sein Trainingspensum langsam gesteigert hat.

…dass ein Pro nicht erst mit Mitte 30 angefangen hat, vom Sofa auf Ironman zu gehen.

…dass ein Pro ein professionelles Betreuerteam (Trainer, Physios, Ärzte) um sich hat, die das Trainingspensum überwachen und dosieren.

…dass ein Pro aufgrund seiner jahrelangen Aufbauarbeit das Trainingspensum besser wegsteckt und sich auch schneller erholt.

…dass ein Pro mit dem Sport sein Geld verdient und sicher ab und an Grenzen überschreitet, die nicht gesundheitsförderlich sind.

Rennrad Leistungsprofil im Training
© Duncan Andison – stock.adobe.com

Hör auf, dich mit Radprofis messen zu wollen.

Klar brauchen wir erfolgreiche Profis in unserem Sport. Als Idole, als Vorbilder, um den Sport weiter attraktiv für Neueinsteiger zu halten.

Die Wahnsinns-Erfolge der deutschen Triathlon-Profis in den letzten Jahren haben dazu beigetragen, dass Triathlon nach wie vor boomt. Dass aus einem absoluten Nischensport ein Volkssport geworden ist.

Bei aller Bewunderung für den Spitzensport, vergisst man schnell mal, welche tolle Leistung wir Hobbyathleten Woche für Woche erbringen. Das gilt sowohl fürs Training als auch für Wettkämpfe.

Wenn ein Senior kurz vor Zielschluss über die Finishline läuft, sich eine mehrfache Mutter mit ihrem Citybike auf der Radstrecke quält oder ein übergewichtiger Manager zum ersten Volkstriarthlon antritt, dann sehen wir die wahren Helden unseres Sports!

Hobbysportler stehen jede Woche vor der Herausforderung, Job, Familie und den Sport unter einen Hut zu bringen, ohne dass das Sozialleben leidet. Sie knapsen sich Zeit fürs Training ab und „regenerieren“ anschließend im Büro oder bei der Hausarbeit.

Trotz der Euphorie, die viele von uns für den Sport empfinden, sollten wir nicht damit übertreiben, unseren Idolen unbedacht nachzueifern. Natürlich kann und darf ich mich von den Trainingsmethoden im Profisport inspirieren lassen, aber ich sollte diese Methoden maßvoll einsetzen und auf meine Bedürfnisse anpassen.

Zahlen, Daten und Fakten eines Radprofis

Was ich damit meine:

In Fachmagazinen, auf Facebook, Instagram oder STRAVA kann man oft Einblicke in Trainingseinheiten der Profis gewinnen. Es gibt Langdistanzathleten, die laufen zur Vorbereitung 40 x 1.000m im Race Pace auf der Bahn oder im dunklen Keller einen Marathon auf dem Laufband.

Härter, schneller, mehr – scheint hier das Motto zu sein.

Wenn man sich als Hobbysportler an solchen Extremen orientiert, dann sind Überlastungen und Sportverletzungen vorprogrammiert. Die Trainingseinheiten müssen auf den Bedarf und die Möglichkeiten eines Hobbyathleten angepasst werden.

Für einen Age Grouper reicht es, wenn er einmal in der Woche 5-6 x 1.000m läuft. Der physiologische Nutzen von 40x 1.000m ist nämlich mehr als fraglich. Solche Einheiten dienen im Profisport eher als Mentaltraining. Wenn du den Irrsinn auf der Bahn abrocken kannst, dann kommt dir der Marathon im Triathlon wie eine Belohnung vor.

Das gleiche gilt auch fürs Radfahren. Was wir immer noch häufig wahrnehmen, ist die Durchschnittsgeschwindigkeit, mit der ein Pro über die Strecke donnert. Je nach Streckenprofil fahren die schnellsten Pros 90km mittlerweile unter 2 Stunden und auch auf 180km wurde bereits die 4-Stunden-Marke geknackt.

Was vielen Zuschauern dabei jedoch nicht bewusst ist, ist die dafür nötige Leistung. Die schnellsten Radfahrer im Triathlon leisten rund 4 Stunden lang über 300 Watt. Das ist für manchen Hobbysportler nicht mal als Spitzenleistung drin.

Für den Pro ist es dagegen der obere GA1-Bereich. Die Leistung muss eben in Relation zu einer FTP von über 400 Watt betrachtet werden.

Es bringt dir also wenig, wenn du bei jeder Radausfahrt auf den Tacho schaust und versuchst, schneller zu fahren. Die Durchschnittsleistung bei Männern auf der Langdistanz liegt beispielsweise eher zwischen 180 und 200 Watt. Damit kann man keinen 40er Schnitt fahren.

Wenn du das im Training trotzdem versuchst, setzt du die falschen Reize. Klar brauchst du auch im Radsport ein paar intensive Einheiten, um deine Fitness zu verbessern. Grundlage bleibt aber das aerobe Ausdauertraining, welches 80-90 Prozent deiner Zeit in Anspruch nehmen sollte.

So wirst du mit der Zeit spürbar an Fitness dazugewinnen und im Vergleich zum „normalen und gesunden“ Durchschnittsmenschen ebenfalls außergewöhnliche Leistungen erbringen. Nur halt auf einem anderen Niveau als Profis.

In diesem Sinne: Ball flach halten und weitermachen.

Viel Spaß beim Training!

Bildrechte/Titelbild: ©AdobeStock – Thomas Launois

JÖRG BIRKEL
Jörg Birkel lebt und arbeitet seit 2013 auf Mallorca und bietet dort ganzjährig Sportreisen und Trainingslager an. Zuvor hat er an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert und mit einem Diplom als Sportwissenschaftler abgeschlossen. Im Anschluss an sein Studium hat sich Jörg als Sportjournalist selbstständig gemacht und über Trainings- und Ernährungsthemen geschrieben. Von 2003 bis 2009 war der passionierte Radfahrer und Fachbuchautor als Dozent an der Deutschen Sporthochschule tätig. Und seit dem 15. Oktober 2020 verstärkt er ilovecycling.de als Redakteur mit seinem Fachwissen.