Nur zwei von hundert in Deutschland verkauften Rädern sind Rennmaschinen, so die Zahlen des Zweirad-Industrie-Verbandes e. V. (ZIV). Das klingt bescheiden, doch der Umsatzanteil der leichten Flitzer liegt bei immerhin zehn Prozent – Rennräder sind nun mal deutlich teurer als andere Fahrradtypen.
Die Eckdaten des Segments sind sehr klar umrissen: schmale Reifen auf 28-Zoll-Felgen, der charakteristische geschwungene Lenker, kein Zubehör, das nicht der reinen Fortbewegung dient. Geringes Gewicht ist beim Rennrad ein Muss; aktuelle Rahmen bestehen aus dünnwandigen Alu-Rohren oder aus Carbon. Titan- und Stahlrahmen werden vorzugsweise von kleinen Spezialherstellern angeboten. Standard sind Felgenbremsen, doch die Scheibenbremse ist auch bei Rennrädern auf dem Vormarsch.
Neben dem klassischen Rennrad gibt es zahlreiche Unterformen, die sich analog zu den verschiedenen sportlichen Disziplinen entwickelt haben.
1. Straßenrennrad
Der Urtyp, in zahllosen Varianten auf dem Markt. Der Rahmen mit der klassischen Diamantform wird immer seltener mit waagerechtem Oberrohr gefertigt; sogenannte Sloping-Geometrien (nach hinten abfallendes Oberrohr) haben sich durchgesetzt – ursprünglich mit dem Ziel, den Rahmen steifer und leichter zu machen sowie zur Verkleinerung des Größenspektrums (nur vier Größen statt Ein-Zentimeter-Abstufung). Die Laufradgröße beträgt 28 Zoll; kleinere Laufräder finden sich bei Damen- und Jugendrennern. Üblich sind zwei Kettenblätter vorne sowie zehn oder elf Ritzel am Hinterrad, geschaltet wird vom Lenker aus mit kombinierten Bremsschalthebeln. Einfache Modelle wie das Koga „Kimera Road AL Tiagra“ in Profi-Optik (1.099 Euro, www.koga.com) wiegen knapp unter zehn Kilogramm; Spezial-Renner à la Focus „Izalco Max 0.0″ mit Carbonrahmen und -laufrädern kommen auf gerade mal 5,4 kg (8.999 Euro, www.focus-bikes.com).
Ein Spezifikum des Rennrades ist, dass die Funktionalität über die riesige Preisspanne hinweg weitgehend identisch ist – die Bedienung von Schaltung und Bremsen ist gleich, für Vortrieb sorgen muss man sowieso selbst. Ein Brot-und-Butter-Renner für 1.000 Euro fährt sich kaum anders als eine fünfmal so teure Profimaschine, der einzige Unterschied ist, dass die bis zu fünf Kilo Gewichtsdifferenz Einflüsse auf Handling und Fahrverhalten haben. Die hochwertigeren Komponenten teurer Rennräder sind darüber hinaus für eine längere Lebensdauer konzipiert.
2. Komfort-Rennrad
Hierbei handelt es sich um einen Trend der letzten Jahre, der der wachsenden Beliebtheit des Rennradsports Rechnung trägt und diese weiter befeuert. Hauptmerkmal solcher Maschinen ist die aufrechtere Sitzposition (kürzerer Rahmen, längeres Steuerrohr), dazu sind die Sättel stärker gepolstert und das Lenkerband teilweise weicher ausgeführt. Komfort-Renner sind entweder mit Dreifachkurbeln (größere Bergtauglichkeit) oder mit Zweifach-Kompakt-Kurbeln versehen. Carbon-Renner wie das Focus „Izalco Ergoride“ (ab 7,8 kg, ab 1.799 Euro) werden aufgrund ihres Komforts selbst von Profis auf langen Klassiker-Rennen eingesetzt.
3. Triathlonmaschine/Zeitfahrrad
Der Triathlonsport hat der Rennradtechnik starke Impulse gegeben, sind die Dreikämpfer doch besonders auf schnelle, windschnittige Fahrräder angewiesen. Typisch für ein Rad, das im Triathlon oder bei Zeitfahrwettbewerben eingesetzt wird, ist vor allem die nach vorne verlagerte, flache Sitzposition: Der Sattel sitzt weiter vorne, seine Spitze liegt über dem Tretlager (steileres Sattelrohr), die Unterarme ruhen auf gepolsterten Schalen am tief positionierten Speziallenker. Rahmen und Laufräder sind aerodynamisch optimiert (flache Rohre, hohe Felgen mit reduzierter Speichenzahl). Zwar kommt es beim Triathlonrad nicht so sehr aufs Gewicht an, wegen der großen Gestaltungsmöglichkeiten sind Carbonrahmen aber auch hier sinnvoll. Ein edler Vertreter dieser Art: das Felt „IA FRD LTD“ (11.999 Euro).
4. Cyclocross-/Querfeldeinrad
Einst Wintersport für Radrennfahrer, später eigenständige Disziplin für ausgewiesene Spezialisten, blühen die knallharten Wettbewerbe mit geländegängigen Rennrädern größtenteils im Verborgenen. Die passenden Fahrräder liegen jedoch voll im Trend – vor allem bei Rennradlern, die das Cyclocross-Rad als Alternative zum winterlichen Mountainbiken entdeckt haben. Genauso aber auch bei Einsteigern, ist doch das Crossrad das praktischere Rennrad: Es ist robust und mit seinen breiteren Reifen gut ausgerüstet für Feldwege und moderates Gelände, dabei leicht und wendig. Die gestiegene Nachfrage führt zu technischen Veränderungen. So kommen heute immer häufiger Scheibenbremsen am „Cyclocrosser“ zum Einsatz, zu sehen am Modell „Noon RX“ von Haibike (7,9 kg, 2.499 Euro, www.haibike.de).
Die Montage von schmalen Rennreifen verwandelt das Cyclocross-Rad in ein Straßenrennrad, viele Modelle lassen sich leicht mit Schutzblechen und Gepäckträger versehen und so zum „Randonneur“ verwandeln (siehe Punkt 7). Teils bieten Hersteller solche Ausstattungen auch schon an – siehe Focus „Mares AX 5.0“, mit Schutzblechen und Nabendynamo-Lichtanlage (1.199 Euro).
5. Bahnrad
Bahnräder werden ausschließlich bei Wettbewerben auf der Radrennbahn gefahren. Sie haben weder Bremsen noch Schaltung, nicht einmal einen Freilauf – dauerndes Mittreten ist angesagt. Wichtig ist große Rahmenstabilität wegen der kräftigen Antritte und extrem hohen Trittfrequenzen. Bahnräder stellen die Urform des Singlespeed-Renners und Kurier-Rades dar (siehe Punkt 6). Ein Vertreter dieser Art: Felt „TK2“ (1.299 Euro).
6. Singlespeed/Kurier-Rad
Die Fahrradkuriere in den US-Großstädten schufen einst diese Gattung. Sie benötigten schnelle, stabile Fahrräder, an denen wenig kaputtgehen konnte und die nicht so stark vom (Teile-) Diebstahl betroffen sein sollten – und stießen auf die technisch sehr reduzierten Bahnräder. Mittlerweile haben Singlespeeder sich im Stadtbild etabliert. Entweder man baut sich so ein Rad aus alten Teilen auf (Basis: ein klassischer Rennrad-Stahlrahmen mit horizontalen Ausfallenden) oder man bedient sich bei Herstellern wie Felt, der beim Modell „Brougham“ (499 Euro) Retrooptik mit moderner Technik mixt. Die Extremversion des Singlespeeders heißt Fixie und ist wie ein Bahnrad mit einem starren Zahnkranz ausgestattet.
7. Randonneur/Reiserennrad/Audax
Mit dem Siegeszug des Trekkingbikes hatten reisetaugliche Rennräder an Boden verloren, doch neuerdings holen sie wieder auf. Dem Reiserennrad verdankt die Fahrradwelt Entwicklungen wie die Dreifachkurbel, doch das ist heute weitgehend vergessen. Reiserennräder („Randonneur“ ist der aus dem Französischen entliehene Begriff dafür) sind mit längerem Radstand auf größere Laufruhe als Rennräder gebaut; die Sitzposition ist oft etwas aufrechter. Der Haltbarkeit wegen werden die Rahmen häufig aus Stahl gefertigt. Spielraum für Neuinterpretationen dieses Radtyps ermöglichen Firmen wie Velotraum (www.velotraum.de). Deren Modell „VK-8“ etwa ist mit einer wartungsarmen, elektronisch angesteuerten Nabenschaltung erhältlich und lässt sich via Baukastensystem an individuelle Fahr- und Reisebedürfnisse anpassen (ab 2.500 Euro).
„Audax“ übrigens ist Latein und bedeutet „frech, kühn, verwegen“. In unserem Zusammenhang ist Audax der Oberbegriff für Nonstop-Langstreckenradfahren auf Distanzen von 200 bis über 1.200 Kilometer (z. B. Paris-Brest-Paris), wobei der echte „Randonneur“ ohne fremde Hilfe unterwegs ist. Das Ziel von Audax-Veranstaltungen ist nicht die schnellste Zeit, sondern das individuelle Durchhalten. Audax-Räder sind höchst individuell, als Basis dient meistens ein Rennrad, das im Laufe unzähliger Kilometer perfekt an die Bedürfnisse des Benutzers angepasst wurde.
Bildnachweise:
Quelle/Source [´www.focus-bikes.com | pd-f´]
Quelle/Source [´www.velotraum.de| pd-f´]
Quelle/Source [´www.felt.de / | pd-f´]
Quelle/Source [´www.haibike.de | pd-f´]