Das Mountainbike hat fast jeder Fahrradgattung Impulse gegeben und der Branche einen riesigen Aufschwung beschert. Es wird als Technikwunder bestaunt und als Alleskönner geliebt, doch nicht immer seiner wahren Bestimmung zugeführt – viele Mountainbikes sind in unterschiedlichen Umbaustufen als Stadträder unterwegs.

Mountainbike im Gelände

Immerhin ist das Grundprinzip leicht zu definieren: Ein Mountainbike verfügt über breite, grobstollige Bereifung, ist üblicherweise mit einer Federgabel ausgestattet oder gar vollgefedert und von robuster Machart. Die Laufräder messen klassischerweise 26 Zoll im Durchmesser, seit einigen Jahren sind auch 29-Zöller etabliert und die Zwischengröße 27,5 Zoll hielt Einzug am Markt.

Bei den Schaltungen finden sich Zehn- und Elffach-Antriebe mit einem Kettenblatt an der Kurbel, verbreiteter sind jedoch zwei oder drei Kettenblätter für einen großen Übersetzungsbereich. Verzögert wird mittlerweile fast ausschließlich mit Scheibenbremsen, leichtere V-Brakes oder hydraulische Felgenbremsen finden sich nur noch selten. Die Breite der Lenker wuchs in den letzten Jahren und beträgt bei Downhillrädern mitunter über 80 cm. Licht, Schutzbleche und Gepäckträger fehlen, können jedoch oft nachgerüstet werden. Soweit also die reine Lehre, doch ganz so einfach ist die Sache nicht: „In den vergangenen 20 Jahren hat sich eine Vielzahl von Unterkategorien gebildet, die auf den Einsatz bei ganz bestimmten sportlichen Disziplinen abgestimmt sind“, beschreibt Christian Malik, Produktentwickler beim Schweinfurter Hersteller Haibike (www.haibike.de).

Mountainbikes im Vergleich

Als Unterscheidungsmerkmal für einzelne Bike-Gattungen gewinnt die Laufradgröße zunehmend an Bedeutung. Die herkömmlichen 26-Zöller finden sich an Jugend- und Einsteigerrädern sowie an Downhill-Boliden mit viel Federweg. Twentyniner (29 Zoll) stellen meistens die Gattung der Cross-Country-Hardtails (Federgabel und starrer Rahmen für gemäßigtes Gelände). Als jüngster Trend vereint das 27,5-Zoll-Laufrad die Vorteile der beiden verbreiteten Maße: „Die 27,5-Zöller haben ein besseres Überrollverhalten, höhere Laufruhe und größere Fahrstabilität als 26-Zöller und sprintfreudigeres, agileres Verhalten als 29-Zöller“, erklärt Markus Hachmeyer vom Reifenhersteller Schwalbe (www.schwalbe.com). 27,5 Zöller finden sich daher vermehrt in den Gattungen All-Mountain und Enduro, da sie mehr Freiraum für Hinterbaukonstruktionen mit langen Federwegen bieten als die Twentyniner.

Hier eine kleine Übersicht über die große Gattung:

Haibike Mountainbike

1. Touren-MTB

Die Basiskategorie der Gattung. Dies sind einfache bis mittelklassige, meist nur vorne gefederte Modelle, die im Fachhandel ab ca. 500 Euro angeboten werden. Beim Tourenbike ist die Sitzposition eher aufrecht, die Rahmengeometrie auf guten Geradeauslauf und leichte Beherrschbarkeit ausgelegt. Der Federweg der Gabel beträgt 60 bis 100 mm. Ein solides Einsteigermodell wie das „Power SL“ von Haibike (449 Euro) wiegt um die 14 Kilogramm und verfügt bereits über eine Blockierfunktion an der Federgabel.
Voll gefederte Exemplare in dieser Kategorie sind um etwa ein Drittel teurer. Die günstigen Varianten haben simple Federungskonzepte, die deutliche funktionelle Nachteile aufweisen (z. B. eine Antriebsschwinge, bei der das Tretlager Teil des gefederten Hinterbaus ist). Ein Gewicht von über 15 Kilogramm ist hier keine Seltenheit.

Haibike Mountainbike

2. Cross-Country, Race, Marathon

Die Fortsetzung der Touren-Kategorie für anspruchsvolle Sportler oder Rennfahrer. MTBs dieser Klasse sind durchweg besser ausgestattet, leichter und teurer. Das ist verständlich, umfasst ihr Einsatzzweck doch alles vom Gelände-Radrennen bis zur Alpenüberquerung. Rennfahrer bevorzugen die leichteren Hardtails (z. T. deutlich unter zehn Kilo), die auf hochwertigen Aluminium- oder Carbonrahmen mit agiler Geometrie basieren. Der Gabelfederweg beträgt 80 bis 100 mm. In diesem Segment haben sich die 29-Zöller voll etabliert und haben das 26-Zoll-Radmaß nahezu verdrängt (z. B. Haibike „Greed 29“, ab 2.999 Euro).
Langstreckenfahrer dagegen schätzen den Komfort der Vollfederung („Fully“). Auch hier sind 80 bis 110 mm Federweg die Regel; durchdachte Hinterbausysteme unterbinden unerwünschte Einflüsse der Federung auf den Antrieb. (Beispiel: Felt „Edict Nine“, ca. 11 kg, ab 1.499 Euro, www.felt.de).

Mountainbike SAM

3. All Mountain, Enduro

Einfach ausgedrückt, ist ein „All Mountain“-Bike der Alleskönner: tourentauglich, mit aufrechterer Sitzposition und mit größeren Reserven in Sachen Federweg (120-140 mm) als Cross-Country-Bikes. Häufig verfügt es über eine höhenverstellbare Gabel – an steilen Passagen kann diese abgesenkt werden, was zu einer besseren Traktion am Vorderrad führt; auf der Abfahrt steht der volle Federweg zur Verfügung. Ähnlich universell lassen sich versenkbare Sattelstützen nutzen, die in dieser Klasse inzwischen obligatorisch sind: Meist mit einem Lenkerhebel, stellt man den Sattel zum Pedalieren höher und in technischen Bergab-Passagen tiefer.

Auch in dieser Klasse hält der Verbundwerkstoff Carbon zunehmend Einzug und führt zu immer leichteren Modellen. So bringt beispielsweise Haibikes Modell „Heet“ (ab 3.299 Euro) in der Top-Ausstattung kaum 12 kg auf die Waage.

Enduro-Fullys tragen das „All-Mountain“-Konzept noch weiter in Richtung Freeride und Downhill. Ihr Federweg ist etwas größer – um die 160 mm sind es beim Focus „SAM“ (ab 2.599 Euro, www.focus-bikes.de), die Sitzposition ist kürzer und aufrechter. Technische Singletracks und anspruchsvolle Abfahrten sind das richtige Terrain für diese Räder, schnelles Kilometermachen tritt in den Hintergrund – wobei ein Gesamtgewicht um die 14 Kilo immer noch flotte Fahrbarkeit garantiert, auch bergauf.

4. Freeride/Downhill

Rasante Abfahrten und spektakuläre Sprünge zeichnen den Freeride-Sport aus. Das Material dafür: superstabile, voll gefederte Bikes mit langen Federwegen (ca. 180 mm), bei denen die Fahrbarkeit bergauf in den Hintergrund tritt.

Die extremeren Ausführungen der Gattung Downhill haben Federwege um die 200 mm und eine reduzierte Schaltung. In dem Maße, wie die Bergab-Rennstrecken anspruchsvoller wurden, haben sich die Downhill-Bikes zu langhubigen Boliden entwickelt, die einzig auf maximales Abfahrtstempo hin konzipiert sind. Größtmögliche Stabilität und der Federweg stehen im Zentrum des Designs; Gewicht und ergonomisches Pedalieren spielen eine kleine Rolle – meist wird für das Erklimmen der Höhen ein Lift genutzt. Ein beispielhafter Vertreter ist das Lapierre „DH 722“: Es wiegt 17 Kilo (was in der Klasse ziemlich leicht ist), hat 200 mm Federweg an der flach angestellten Gabel (Rock Shox „Boxxer Worldcup“), 220 mm am Hinterbau, ein Monokettenblatt, zehn Gänge (Sram „X9“), 200-mm-Scheibenbremsen und breite 2,35-Zoll-Reifen von Schwalbe (www.bikes-lapierre.de, 3.299 Euro).

6. Dirtbikes/Dualbikes

Eng miteinander verwandt sind diese Spielarten des Mountainbikes, dabei sind ihre Einsatzzwecke recht unterschiedlich. Dirtbikes werden vorwiegend für kunstvolle Sprünge über künstlich geschaffene Hügel verwendet. Eine Besonderheit ist die Disziplin Pumptrack, bei der kleine, wellige Rundkurse möglichst ohne Treten absolviert werden („pumpen“).

Dualbikes indes setzt man für Wettbewerbe ein, bei denen auf einer abschüssigen, mit Sprüngen und Steilkurven versehenen Strecke entweder mit zwei (Dual Slalom), vier (Fourcross) oder acht Startern gefahren wird (Biker Cross) – ähnlich wie beim BMX. Typische Merkmale: kleiner, kompakter Hardtail-Rahmen, stabile Bauweise, Gabelfederweg um 100 mm, oft ohne Schaltung.

Mountainbike von unten fotografiert

7. Fatbikes

Die jüngste Unterart der Mountainbikes ist ein echter Hingucker: Fatbikes kommen auf extrem voluminösen Reifen daher – bis zu fünf Zoll (13 cm) breit können sie werden. Geboren wurden die dicken Räder im Schnee Alaskas und erlebten 2013 einen weltweiten Durchbruch –  jeder größere und manch kleinerer Anbieter hat nun eines im Programm. Aufgrund der immensen Auflagefläche der Reifen und des sehr niedrigen Drucks (0,5-1 Bar) bieten die Räder eine sehr hohe Traktion, was sie als Geländerad für die nasse und schneereiche Jahreszeit oder für sehr losen Untergrund – und darum auch als Expeditions-Reiserad prädestiniert. Das Modell „Pilger“ der süddeutschen Manufaktur Velotraum (www.velotraum.de, ab 2.500 Euro) beispielsweise gibt es mit extra entwickeltem Gepäckträger von Tubus und – da im Baukastensystem konfigurierbar – auf Wunsch gleich mit Lichtanlage.

Auch zeigt sich am Fatbike deutlich das in der gesamten Branche gestiegene Entwicklungstempo: Während Twentyniner recht langsam anliefen und sowohl Zulieferer (für Reifen, Gabeln etc.) als auch Radhersteller eher zögerlich das Spektrum erweiterten, hielt das Fatbike quasi innerhalb einer Saison Einzug. Sogar ein E-Fatbike wurde 2013 als Prototyp präsentiert (Felt „Lebowsk-e“, www.felt.de). Das Serienrad wird auf der Weltleitmesse Eurobike 2014 stehen.

E-Fatbike mit Bosch-Akku

Elektrifizierung

Besonders Touren-Mountainbikes sind mittlerweile durchweg auch als Pedelecs zu haben. Je mehr die jeweilige MTB-Gattung aber auf sportliche Verwendung spezialisiert ist, desto seltener finden sich darin E-Bikes.

Bildnachweise:
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Quelle/Source [´www.pd-f.de / pressedienst-fahrrad´]
Quelle/Source [´www.pd-f.de / gregor bresser´]
Quelle/Source [´www.haibike.de | pd-f´]
Quelle/Source [´www.focus-bikes.com | pd-f´]
Quelle/Source [´www.pd-f.de / Kay Tkatzik´]
Quelle/Source [´www.pd-f.de / Mathias Kutt´]

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