Auch wenn ilovecycling.de-Leser Mirko Meitzner bereits 2015 am Endura Alpentraum teilgenommen hat, so möchte er uns auch jetzt noch an diesem tollen und erlebnisreichen Event teilhaben lassen. Mit seinen eigenen Worten und vielen tollen Bildern lässt er das ganze noch einmal für uns Revue passieren. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und vielleicht machen die nun folgenden Worte und die visuellen Eindrücke ja Geschmack auf mehr! Danke an Mirko für diesen tollen Erlebnisbericht.
Nachdem ich vom Endura Alpentraum gelesen habe, reifte in mir der Wunsch, auch einmal den Endura-Alpentraum „zu leben“ und zu finishen. Meine Vorbereitung darauf verlief relativ unspektakulär. Im Winter viel GA1 Training, ab März GA2 & die ersten kurzen Rennen.
Im Mai dann die Teilnahme am „Rhön-Marathon“ extreme² mit 4.800 Hm auf 248 km und der „Garmin Velothon“ mit 120 km. Im Juli und August für jeweils einen Tag in den Harz gefahren, dort 170 km / 3.900 Hm und 150 km / 3.500 Hm trainiert. Insgesamt bin ich im Harz 6 1/2 mal den Brocken hochgefahren. Nur um mal dieses Gefühl zu bekommen, mehrere Kilometer am Stück berghoch zu fahren. Im August habe ich dann auch noch an den „Cyclassics“ sowie an die „Rad Kampftage Brück“ bei Berlin teilgenommen.
Mit ca. 8.000 Trainingskilometern und ca. 12.200 Hm in den Beinen seit Anfang des Jahres, bin ich dann am Freitag morgen in Richtung Sonthofen gestartet. Nach ca. 7 h 30 min Fahrtzeit im Hotel (Kempten) eingecheckt, danach die Startunterlagen abgeholt und dann zur Pasta Party mit gleichzeitigem Briefing. Dort wurde die Strecke vorgestellt, auf Gefahrenstellen hingewiesen und immer wieder betont, wie man sich als Radfahrer im Straßenverkehr zu verhalten hat. Anscheinend gab es wohl bei den vorangegangenen Veranstaltungen Beschwerden.
Am Samstag, pünktlich um 3:45 Uhr klingelte der Wecker. Die Sachen waren schon am Freitagabend gepackt/verpackt. Viel überlegen musste ich nicht, was ich anziehe und mitnehme, da bestes Wetter für Samstag vorausgesagt worden ist. Kurz/Kurz mit Arm-, Knielinge und Windbreaker. Dünne Handschuhe/Regenjacke für die Abfahrt vom Stilfser Joch im Trikot verstaut.
Vorm Start habe ich das Angebot vom Veranstalter wahrgenommen und noch ganz entspannt gefrühstückt. Um 6:30 Uhr wurde gestartet.
Der Inhalt des Starterbeutels
Auf den ersten Kilometern von Sonthofen (743 m) in Richtung Oberjoch (1.155 m) war die Anspannung im Fahrerfeld zu spüren bzw. es musste es sich erstmal sortiert werden. Die Sortierung musste leider auch mit Hilfe eines Sturzes „bergauf“ passieren. Wie so was geht, frage ich mich jetzt noch. Das Oberjoch war relativ schnell erreicht, mit seinen im Schnitt 4% Steigung und max. 7% Steigung auf 6 km ist es auch für mich einfach zu erklimmen gewesen. Die nächsten ca. 42 km wurden in einer etwas größeren Gruppe auf einem Hochplateau, dem Tannheimer Tal hin zum Gaichtpass zügig zurückgelegt. Vom Gaichtpass (1.060 m) gab es eine kurze Abfahrt ins Lechtal zur ersten Verpflegungsstelle Elmen. Auf dem Weg zur Verpflegungsstelle bekam man schon einen Vorgeschmack, dass nicht nur die Berge zum Problem werden könnten, sondern auch der Wind. Es war nicht gerade windstill.
Hier kann ich schon mal sagen, dass auf sämtlichen Überführungsstrecken der Wind gefühlt immer von vorne kam.
Verpflegungsstelle Elmen
An der Verpflegungsstelle wurde kurz angehalten, etwas gegessen und die Flaschen aufgefüllt. Nun sollte es erstmals ca. 15 km (920hm) bergauf gehen, auf einer Höhe von 1.894 m mit einer durchschnittlichen Steigung von 6%, in der Spitze 15%. Die ersten Kilometer musste ich erstmal meinen Rhythmus finden. Nur nicht zu schnell den Aufstieg angehen, da es ja immer noch ca. 195 km bis ins Ziel sind. Während der Auffahrt zur Passhöhe habe ich einfach nur das tolle Wetter und die dadurch schöne Sicht auf die umliegenden Berge genossen.
Auf der Passhöhe mit 1.894 m angekommen, nahm ich mir die Zeit, um kurz anzuhalten. Nicht, um mir die Regenjacke anzuziehen für die rasende Abfahrt, sondern um auch hier das traumhafte Alpenpanorama zu genießen.
Die Abfahrt ins Inntal Richtung Imst ließ ich ganz entspannt angehen. In Imst (770 m) musste eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h eingehalten werden. Es ging ziemlich steil in den Ort hinein, so war die Vorgabe durchaus berechtigt. Durch die Begrenzung wurde auch die Zeitnahme von Ortseingang bis Ortsausgang gestoppt.
Abfahrt Hahntenjoch
Hier gab es die zweite Verpflegungsstelle. Auch hier wiederum nur kurz angehalten, um eine Kleinigkeit zu essen und die Flaschen nachzufüllen. Kurze Zeit später saß ich schon wieder auf dem Rad und zu zweit ging es erstmal weiter Richtung Landeck (791 m). Auf dem Weg dorthin vergrößerte sich meine Gruppe. Bei dem Wind sollte es nicht von Nachteil sein.
Kurz hinter Landeck, dem Startort der kurzen Strecke, sollte es dann hoch zur Pillerhöhe gehen. Vor diesem Berg hatte ich etwas Respekt. Bei der Besprechung am Vorabend wurde was von „Aua-Berg“ geredet. Auf ca. 7 km (670 hm) ging es auch mit durchschnittlich 9% (max. 16%) auf eine Höhe von 1559 m. Nun erfolgte das gleiche Spiel wie am Hahntennjoch, Rhythmus finden und die Auffahrt bei herrlicher Fernsicht genießen.
Nebenbei noch mit dem einen und anderen ein entspannten Gespräch geführt. Nach einer gefühlten Ewigkeit dann endlich auf der Pillerhöhe angekommen. Hier war dann die dritte Verpflegungsstelle. Wieder kurz anhalten, essen, Flaschen auffüllen. Wenn ich das Zeitlimit in Laatsch, nicht im Hinterkopf gehabt hätte, dann wäre ich gerne mal zur Aussichtsplattform gegangen. Es ist ein traumhafter Blick ins Tal.
Also wieder rauf aufs Rad und ab ins Tal. Während der Fahrt ins Tal hat sich wieder eine gut funktionierende Gruppe gefunden, um die Überführungsstrecke im Tal Richtung Reschenpass gemeinsam zu bewältigen. Zwischenzeitlich konnte „Bergfest“ gefeiert werden, da ich die Hälfte von den 252 km zurückgelegt hatte.
Der Reschenpass (1.507 m) ist ein sehr entspannt zu fahrender Anstieg. Auf ca. 16 km mussten nur 525 Höhenmeter bewältigt werden. Der Anstieg selbst hat im Durchschnitt eine Steigung von 3%, mit max. 11,5%. Die ersten paar Kilometer bin ich im GA2 Modus da hoch gerollt.
Im oberen Teil habe ich dann etwas mehr rausgenommen, da noch 2 Anstiege auf mich warten sollten. In Nauders (1400 m) befand sich die vierte Verpflegungsstelle.
Dort angekommen, merkte ich schon, dass die restlichen Kilometer zum Reschenpass nicht einfach werden sollten, da der Wind einem flott um die Nase wehte. Kurze Zeit, nachdem ich dort angekommen bin, sah ich eine Gruppe wegfahren. Also beeilte ich mich auch mit der Verpflegung, um mich der Gruppe anzuschließen. Ein weiterer Mitfahrer hatte wohl die gleiche Idee. So machten wir uns zu zweit auf den Weg, um die Gruppe einzuholen. Bei dem Gegenwind und einem leichten Anstieg kein einfaches Unterfangen. Kurz vor der Passhöhe haben wir sie dann erreicht. Ich musste dann mal kurz „Luft holen“. Nur in diesem Moment verließen einem meiner Vordermänner die Kräfte und da ich mich noch im „Erholungsmodus“ befand, war die Lücke schon da. Bin dann weiter alleine den restlichen Kilometer bis zur Passhöhe gefahren. Nun sollte etwas kommen, bei dem ich meine Rollerqualität voll einsetzen konnte. Die ersten paar Kilometer auf den Reschenpass ging es mal zur Abwechslung flach weiter. Da ich die Gruppe immer noch in Sichtweite hatte, habe ich dann die Zeitfahrposition eingenommen und die Verfolgung aufgenommen. Hier musste ich jetzt einen Rhythmus finden, in dem ich mich nicht übernehme, trotzdem aber gegen den Wind vorwärts komme. Dieser Rhythmus war dann bei ca. 35 km/h gefunden. Unterwegs habe ich noch zwei weitere Mitstreiter aufgesammelt, die ließen mir aber den Vortritt, um an die Gruppe ran zu fahren. Nachdem ich die Gruppe eingeholt habe, musste ich mich noch mal verpflegen. Da merkte ich aber schon, wie langsam, aber stetig das Tempo innerhalb dieser Gruppe immer weiter sank und dass schon teilweise bergab. Nach einer kurzen Verschnaufpause bin ich dann nach vorne gefahren, um das Tempo wieder etwas anzuziehen. Ich sah nämlich das Zeitlimit etwas in Gefahr. Nun hatte ich auch die Abfahrt vom Reschenpass erreicht und ich konnte es jetzt etwas entspannter angehen lassen bis zur Kontrollstelle in Laatsch (966 m). Ca. eine halbe Stunde vor dem Zeitlimit habe ich die Abzweigung in Laatsch nach St. Maria (1.394 m) erreicht. Spätestens hier wusste ich, dass ich das Stilfser Joch erklimmen darf. Allein dieses Gefühl, dies zu wissen, war unbeschreiblich.
Kurz nach der Kontrollstelle ging es dann aber auch schon wieder in einen Anstieg. Da ich aber nun Rückenwind hatte, konnte ich den entspannt fahren bis nach St. Maria.
In St. Maria befand sich die fünfte Verpflegungsstelle, am Fuße des Umbrailpasses (2.501 m).
Hier traf ich dann auch einige bekannte Weggefährten wieder. Mit einem habe ich zusammen den Aufstieg begonnen. Der Aufstieg zum Stilfser Joch ist ca. 17 km lang, mit einer Durchschnittssteigung von 8% und einem Maximum von 15,7%. Die ersten paar Kilometer führt über Serpentinen durch eine wunderschöne Waldlandschaft. Nachdem ich die Waldlandschaft hinter mir gelassen habe und die Strasse dann teilweise nur noch geradeaus ging, aber trotzdem noch steil bergauf, konnte mein Weggefährte meinem Tempo nicht mehr folgen. So ist dann jeder seinen Rhythmus dort hochgefahren.
Mittlerweile hatte ich auf den langen, geraden Bergaufpassagen auch wieder mit dem Wind zu kämpfen.
Nach längerer Bergauffahrt habe ich endlich den Umbrailpass erreicht. Dort befand sich die sechste Verpflegungsstelle. Von dort hat man einen schönen Blick auf das Stilfser Joch.
Verpflegung Umbrailpass (2.501 m) mit Blick auf das Stilfser Joch (2.757 m)
Hier nahm ich warmen Tee und Brühe zu mir. So weit in der Höhe war es doch recht frisch. Zeit, die Wind/Regenjacke anzuziehen. Mein Weggefährte kam kurze Zeit später am Umbrailpass an. Wir haben beschlossen, die letzten ca. 4 Kilometer zum Stilfser Joch gemeinsam zu fahren. Die restlichen Kilometer hatten es dann noch mal in sich.
Hier hatten wir wiederum mit dem jetzt kalten Gegenwind zu kämpfen. Das nahmen wir aber recht gelassen, da wir wussten, es ist gleich geschafft. Angekommen auf 2.757 m haben wir mal kurz angehalten und die Aussicht auf die nun folgende Abfahrt mit den berühmten 48 Kehren bis ins Vinschgautal nach Gomagoi (1266 m) hinein, genossen. Währendessen habe ich mir auch meine dünnen Handschuhe angezogen.
Die folgende Abfahrt mit den 48 Kehren habe ich einfach nur genossen, bin aber trotzdem hochkonzentriert gefahren. Sie ist nur leider zu schnell vorüber gewesen. In Gomagoi angelangt, dort befand sich die letzte Verpflegungsstation. Diese ließ ich aber aus, da ich mich stark genug fühlte für die restlichen 8 Kilometer nach Sulden am Ortler, auf 1.900 m.
Dieser letzte Anstieg von 8 km hatte es noch mal in sich. Auf diesen 8 km waren 530 hm mit einer durchschnittlichen Steigung von 7% (max. 15,6%) zu überwinden. Die letzte Auffahrt ließ ich es aber so was von entspannt angehen, da ich wusste, dass ich meinen ersten Endura Alpentraum erfolgreich finishen werde. Die letzten 4 Kehren vor Sulden waren aber trotzdem noch mal hart. Nun noch fix durch den Ort hindurch zum Ziel und GESCHAFFT!!!
Geschafft!! 🙂
Bei meinen ersten Endura Alpentraum war es mir nur wichtig, innerhalb des Zeitlimits von 14 Stunden in Sulden anzukommen. Ich wusste ja auch nicht so recht, auf was ich mich da eingelassen habe. Die Alpen habe ich vorher nur aus dem Flugzeug gesehen. Wie man sieht, ist dieser Alpentraum mit relativ wenig Bergtraining zu schaffen. Mein Rad habe ich aber auch mit einer 3-fach Kurbel vorne ausgestattet. Ich habe die beneidenswerte Blicke meiner Mitstreiter am Berg nur genossen. Weshalb soll ich mich quälen, wenn es auch einfacher geht.
Mein Puls lag im Schnitt bei 148. Die reine Fahrzeit betrug 12 h 36 min und ich habe „nur“ 10.293 kcal verbraucht.
Die Veranstaltung kann ich empfehlen, Organisation und Verpflegung **TOP**
Der ENDURA Alpen-Traum: Keine vierte Auflage in 2016
Der ENDURA Alpen-Traum gab begeisterten Rennradfahrern drei erfolgreiche Jahre lang die Möglichkeit, an einem Tag die Alpen zu überqueren. Vom bayerischen Sonthofen über das Stilfserjoch bis ins italienische Sulden. Doch auch für die weniger hartgesottenen Biker war mit der kürzeren Distanz ab Landeck etwas dabei. Nach dem Rücktritt des Titelsponsor beim Alpen-Traum wird es leider in 2016 vorerst keine vierte Auflage geben! Sie arbeiten dennoch unter Hochdruck daran, den Alpen-Traum in 2017 wieder aufleben zu lassen… Sie danken auch an dieser Stelle allen Partnern, Sponsoren und Teilnehmern für drei tolle und erfolgreiche Jahre ENDURA Alpen-Traum!!!
Bildnachweise: © Privatarchiv Mirko Meitzner und sportfotograf.com