Jedes Kilogramm fährt mit. Das bekommen Radfahrer vor allem an Bergpassagen zu spüren. Deshalb ist das Thema Abnehmen und Gewicht ein ständiger Begleiter. Doch trotz des beachtlichen Trainingspensums tut sich mancher Radler schwer damit, die Pfunde loszuwerden.

Mit Sport alleine ist es eben nicht getan. Mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar entscheidender für die Gewichtskontrolle ist die richtige Ernährung. Der Schlüssel zum Abnehmen ist nämlich der Insulinspiegel.

Nach jeder Mahlzeit strömen Nährstoffe ins Blut, auf die der Körper mit der Ausschüttung von Insulin reagiert. Insulin reguliert in erster Linie den Blutzuckerspiegel, sorgt aber auch dafür, dass die aufgenommenen Nährstoffe in die Zellen gelangen. Gleichzeitig hemmt Insulin jedoch die Fettverbrennung; so lange Insulin im Blut zirkuliert, verbrennt man kein Fett.

Stoffwechselphysiologie verstehen

Besonders stark ist der Insulinanstieg, wenn du schnell verwertbare Kohlenhydrate zu dir nimmst. Nach dem Verzehr von Zucker steigt der Blutzuckerspiegel rasant an. Entsprechend schüttet der Körper viel Insulin aus.

Das Problem: Kohlenhydrate sind im Prinzip nichts anderes als Zucker (Saccharide) und unterteilen sich in Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzucker. Der Einfachzucker Glukose ist quasi die Universalwährung des Körpers. Mit der Nahrung nimmst Du Zucker in unterschiedlicher Form auf.

Haushaltszucker ist beispielsweise ein Zweifachzucker und besteht aus zwei Zucker-Molekülen (Disaccharide). In Bananen findest du dagegen auch mittellange Zuckerketten (Oligosaccharide), während Vollkornprodukte komplexe Strukturen aufweisen (Polysaccharide).

Schauen wir uns einmal an, was mit den Kohlenhydraten passiert, die du mit der täglichen Nahrung zu dir nimmst. Durch den Verdauungsprozess werden alle Kohlenhydrate in kleine Zuckermoleküle (Glukose) zerteilt und im Darm ins Blut aufgenommen.

Vor allem nach der Einnahme von schnell verfügbaren Kohlehydraten steigt der Blutzuckerspiegel sprunghaft an. Darauf reagiert der Körper mit einer genauso sprunghaften Ausschüttung von Insulin, um den Blutzuckerspiegel wieder zu senken. Zunächst geschieht das dadurch, dass die Glukose über den Blutkreislauf dahin gebracht wird, wo akuter Energiebedarf besteht. Arbeitende Muskeln und das Gehirn sind beispielsweise ziemliche Energieverbraucher.

Ist der akute Energiebedarf gedeckt, werden die körpereigenen Kohlehydratspeicher (Glykogen) in der Leber und der Muskulatur aufgefüllt. Ist dann immer Energie in Form von Zucker im Blut verfügbar, wandelt der Körper den Zucker unter Einfluss von Insulin in Fett um! Gleichzeitig ist die Fettverbrennung im gehemmt.

Das Problem an der Sache: Der Blutzuckerspiegel steigt nach der Aufnahme von Zucker sprunghaft an und sinkt genauso rapide wieder ab. Wir geraten in eine Unterzuckersituation, die ein Hungersignal auslöst; du bekommst Heißhunger auf Süßes.

Währenddessen bleibt der Insulinspiegel noch eine Zeit lang hoch. Mit jeder weiteren Nährstoffaufnahme beginnt das Spiel wieder von vorne. Willst du erfolgreich abnehmen oder dein Körpergewicht halten, dann musst du deinen Insulinspiegel kontrollieren.

Die einfachste Maßnahme wäre, keine Kohlenhydrate mehr zu essen. Das funktioniert auch ganz gut und führt schnell zu sichtbaren Resultaten, lässt sich aber auf Dauer kaum durchhalten. Außerdem fehlt dir dann die Energie für intensivere Intervall- und Bergeinheiten.

Der komplette Verzicht auf Kohlenhydrate ist also nicht unbedingt zu empfehlen. Vielmehr sollte die Ernährung an das Training angepasst werden. In den Grundlagenphasen ist es durchaus sinnvoll, sich kohlenhydratreduziert zu ernähren.

Grundsätzlich solltest du an trainingsfreien Tagen oder an moderaten Trainingstagen eher drei feste Mahlzeiten zu festen Zeiten zu dir nehmen, wenn du abnehmen willst. Zwischen den Mahlzeiten sollten mindestens 5 Stunden liegen, in denen du keine Nährstoffe aufnimmst. Erlaubt sind also nur Wasser, ungesüßter Tee oder schwarzer Kaffee.

Warum diese Empfehlung?

Etwa zwei Stunden nach einer Mahlzeit sinkt der Insulinspiegel komplett ab und die Fettverbrennung läuft auf Hochtouren. Ein Bonbon, ein Stück Schokolade oder Milch im Kaffee würde diesen Effekt wieder unterbrechen. Dafür darfst du dich bei den drei Mahlzeiten richtig satt essen.

Entscheidend ist übrigens die letzte Mahlzeit des Tages. Verzichtest du beim Abendessen auf Kohlenhydrate, deckt der Körper seinen Energiebedarf die ganze Nacht aus seinen Fettdepots!

Ausnahmen von dieser Regel solltest du an intensiven Trainingstagen machen. Steht ein hartes Intervallprogramm auf dem Plan, dann darfst du ruhig zwei Stunden vor dem Training einen kleinen Snack zu dir nehmen. Dieser enthält idealerweise komplexe Kohlenhydrate (bspw. Vollkorn). Dadurch stehen dir zum Training gefüllte Glykogenspeicher zur Verfügung und du kannst die erforderliche Leistung bringen.

Der Radfahrer benötigt Proteine!

Auch nach einem harten Training kannst du ein gesüßtes Sportgetränk zu dir nehmen, um dem Körper die nötige Energie für die Regeneration zuzuführen. Die dann aufgenommenen Kohlenhydrate gehen direkt in die Glykogenspeicher oder werden für Reparaturmaßnahmen benötigt. Aber ein Getränk reicht dafür.

Außerdem solltest du den Proteinanteil in deiner Ernährung erhöhen. Proteine braucht der Körper als Baumaterial für Muskeln und Gewebe, aber auch das Immunsystem besteht aus Proteinen. Achte darauf, bei jeder Mahlzeit eine kleine Portion Proteine auf dem Teller zu haben. Natürliche und geeignete Proteinquellen sind mageres Fleisch, Hühnchen, Fisch, Eier, Nüsse und Hülsenfrüchte. Auch Milch- und Sojaprodukte liefern Proteine.

Selbst wenn man keine Muskeln aufbauen will, sollten Radfahrer darauf achten, dass die Proteinversorgung stimmt. Ansonsten verzögert sich die Regeneration und der Körper baut Muskeln ab. Das Immunsystem leidet ebenfalls unter einer geringen Proteinzufuhr und wir werden anfällig für Infekte.

Fettstoffwechseltraining ist nicht nur zum Abnehmen sinnvoll

Damit wären die wichtigsten Ernährungsgrundlagen geklärt. Wer erfolgreich abnehmen und sein Gewicht langfristig kontrollieren will, kommt natürlich nicht um Bewegung herum. Zum Glück tun sich passionierte Rennradfahrer damit nicht so schwer. Sich aber einfach nur aufs Bike zu schwingen, ist nicht unbedingt zielführend.

Es kommt vielmehr darauf an, die richtige Intensität und Belastungsdauer zu finden. Ein gezieltes Fettstoffwechseltraining ist zwar zeitaufwendig, lohnt sich aber in zweifacher Hinsicht. Zum einen verbrennst du dabei direkt Fett und zum anderen verbesserst du damit deinen Fettstoffwechsel. Davon profitierst du bei den nächsten Rennen der Saison.

Bei moderaten Belastungen bezieht der Körper relativ viel Energie aus der Fettverbrennung. Dafür musst du aber betont locker radeln. Der Energieverbrauch ist dadurch natürlich relativ gering, sodass man schon zwei bis drei Stunden für ein effektives Training investieren sollte.

Nicht übertreiben

Fährst du aber häufiger in deinem individuellen Bereich der optimalen Fettverbrennung, bildet der Körper mehr Enzyme für die Fettverbrennung und lernt seine Glykogenreserven zu schonen. Neben der gewählten Intensität ist aber auch die Ernährung zu beachten. Etwa zwei Stunden vor dem geplanten Fettstoffwechseltraining solltest du keine Mahlzeiten mehr zu dir nehmen und während der Ausfahrt anfangs nur Wasser zu dir nehmen.

Damit du nicht in ein Hungerloch fährst, ist es dringend erforderlich, dass du wirklich locker pedalierst. Anfangs solltest du zudem keine sehr langen Ausfahrten ohne Verpflegung planen, sondern dich langsam herantasten. Außerdem ist es sinnvoll ein Rettungsgel für alle Fälle dabei zu haben.

Mit der Zeit entwickelst du aber ein gutes Gefühl dafür, wie hart oder locker du fahren kannst und wie lange du ohne Verpflegung auskommst. Du solltest das aber keinesfalls übertreiben, denn ansonsten geht es dir im wahrsten Sinne des Wortes an die Substanz. Wenn sich die Kohlenhydratspeicher entleeren, zieht sich dein Körper die fehlende Energie aus den Muskelproteinen.

Krafttraining für Rennradfahrer

Auch wenn Muskeln Gewicht auf die Waage bringen, ist das nicht unbedingt der sinnvollste Weg, um abzunehmen. Schließlich willst du ja beim Radfahren ausreichend Kraft aufs Pedal übertragen. Der letzte Schritt im Abnehmkonzept für Rennradfahrer ist daher Krafttraining.

Muskeln haben dabei gleich mehrere Vorteile. Erstens benötigt dein Körper Energie um seine Muskelmasse zu erhalten. Wer mehr Muskeln hat, für den ist es daher langfristig leichter, sein Gewicht zu halten.

Zweitens ist es für einen ambitionierten Radfahrer unerlässlich ein begleitendes Krafttraining zu absolvieren. Mehr Kraft in den Beinen resultiert auch in bessern Leistungen auf dem Rad.

Drittens braucht man in jeder Sportart ausreichend Rumpfstabilität. Nur wenn du stabil auf dem Rad sitzt, kannst du die Kraft auf deinen Beinen auch auf die Pedale übertragen. Außerdem schützt eine starke Muskulatur Gelenke und Wirbelsäule vor Überlastung und Verletzungen.

Fazit:

Ein sinnvolles Abnehmkonzept für Rennradfahrer umfasst fünf Schritte:

  1. Regelmäßig essen (dreimal täglich)
  2. Kohlenhydrataufnahme an das Training anpassen (Kontrolle über den Insulinspiegel)
  3. Proteinzufuhr steigern (Muskelerhalt- und aufbau, Regeneration)
  4. Fettstoffwechseltraining bei moderater Intensität
  5. Krafttraining (steigert den Grundumsatz und sorgt für neue Leistungsreserven)

Bildnachweis: © teena137 – Fotolia.com

JÖRG BIRKEL
Jörg Birkel lebt und arbeitet seit 2013 auf Mallorca und bietet dort ganzjährig Sportreisen und Trainingslager an. Zuvor hat er an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert und mit einem Diplom als Sportwissenschaftler abgeschlossen. Im Anschluss an sein Studium hat sich Jörg als Sportjournalist selbstständig gemacht und über Trainings- und Ernährungsthemen geschrieben. Von 2003 bis 2009 war der passionierte Radfahrer und Fachbuchautor als Dozent an der Deutschen Sporthochschule tätig. Und seit dem 15. Oktober 2020 verstärkt er ilovecycling.de als Chef-Redakteur mit seinem Fachwissen.

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